Anhänger einer islamistischen Bewegung fordern auf einer Demonstration in Hamburg ein Kalifat. Doch was ist das überhaupt?
Eine islamistische Demonstration am Samstag in Hamburg beschäftigt die deutschen Behörden. Auf Transparenten forderten die Teilnehmer unter anderem das Kalifat. Mehr zu der Demo lesen Sie hier.
Angemeldet wurde sie von der Gruppe „Muslim Interaktiv“, die laut Hamburger Verfassungsschutz der verbotenen islamistischen Bewegung Hizb ut-Tahrir nahesteht, die unter anderem ein Kalifat nach frühislamischen Vorbild schaffen will. Doch was ist ein Kalifat überhaupt? t-online gibt einen Überblick.
Was ist ein Kalifat?
Ein Kalifat ist eine islamische Regierungsform. Der Herrscher eines solchen Kalifats wird Kalif genannt. Er verbindet die weltliche und geistliche Führerschaft in seinem Herrschaftsgebiet in einer Person. Die Rechtssprechung in einem Kalifat fußt auf der Scharia, der im Islam von Gott gesetzten Ordnung.
Die Idee des Kalifats geht auf den Religionsstifter des Islam zurück, den Propheten Mohammed. Schon er regierte sowohl als religiöser Führer als auch weltlicher Herrscher über Medina.
Worin besteht ein Kalifat?
Laut dem Historiker Hugh Kennedy hat es in der Geschichte der Kalifate kein einheitliches Bild dieser Herrschaftsform gegeben. „Wer ein aggressives Kalifat sucht, in dem die muslimische Bevölkerung strikt kontrolliert wird, kann in den umfangreichen historischen Dokumenten Vorläufer dafür finden“, schreibt der Forscher. „Wer ein Kalifat sucht, das großzügig und offen für Ideen und Sitten ist, dabei aber selbstverständlich seiner Sicht des Willens und der Absichten Gottes treu bleibt, wird ebenfalls in der historischen Überlieferung fündig.“
Ein Kalifat kann also verschiedenste Ausprägungen haben. Wie sich das Leben unter einer solchen Regierung gestaltet, hängt besonders von den religiösen, aber auch den weltlichen Anschauungen des Herrschers ab.
Denn zentral im Konzept des Kalifats ist die Position des Kalifen als Stellvertreter Gottes auf Erden. In der Geschichte gab es oft mehrere Kalifate gleichzeitig und nebeneinander, die miteinander konkurrierten.
Der Anspruch eines Kalifen ist darüber hinaus oft, nicht nur die Menschen in seinem Herrschaftsgebiet anzuführen, sondern die Umma. Die Umma bezeichnet die Gesamtheit aller Muslime. Ein Kalifat kann demnach die Vereinigung aller muslimisch geprägten Länder zu einem größeren Herrschaftsbereich zum Ziel haben – unabhängig von deren jeweils dominanten Strömung des Islam.
Wie sähe ein Kalifat der Hizb ut-Tahrir aus?
Laut der „Generation Islam“, einer Nachfolgeorganisation der Hizb ut-Tahrir, die 2003 in Deutschland mit einem Betätigungsverbot belegt wurde, handelt es sich bei einem Kalifat um ein „einzigartiges Staatssystem“, das in islamischen Schriften dargelegt werde. Der Prophet Mohammed sei ebenso „Staatsmann, Stratege und Diplomat“ gewesen.
Laut Vorstellung der Gruppe sollen in einem Kalifat alle Bevölkerungsgruppen und Glaubensrichtungen in Frieden leben können – unter der Regierung eines muslimischen Herrschers. Dabei beziehen sich die Anhänger von „Generation Islam“ auf das Umayyaden-Kalifat, das im sechsten und siebten Jahrhundert von Spanien bis nach Indien ein großes Reich umfasst haben soll.