Nancy Faeser (SPD) findet ein AfD-Verbot aktuell „nicht den richtigen Weg“. Jens Spahn kann sich bei Illner schon die Wahlplakate in Sachsen vorstellen.
Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) warnt bei Forderungen nach einem Verbotsverfahren gegen die AfD vor falschen Motiven. Sie sprach sich bei „Maybrit Illner“ gegen ein Verbot einer Partei aus, „weil sie einem gerade nicht passt oder weil sie hoch in den Umfragen“ ist. „Das kann in ein paar Jahren natürlich ein Mittel sein, was man am Ende anwenden muss“, fügte Faeser am Donnerstagabend hinzu. „Aber in der politischen Auseinandersetzung finde ich es nicht den richtigen Weg.“
Die Gäste
- Nancy Faeser (SPD), Bundesinnenministerin
- Jens Spahn (CDU), Unions-Fraktionsvize
- Hasnain Kazim, Journalist und Autor
- Eva Quadbeck, „RedaktionsNetzwerk Deutschland“
- Sarah Tacke, ZDF-Rechtsexpertin
Faeser attestierte zumindest Teilen der AfD „widerliche Ausgrenzungsfantasien“. „Das gefährdet unsere Demokratie und deswegen müssen wir stark vorgehen“, sagte die Innenministerin in der ZDF-Talkshow. Ob die Partei aber als Ganzes verfassungswidrig sei, könnten nur Gerichte feststellen, nicht die Politik.
Spahn: „Feuerlöscher haben Sie, Frau Faeser“
„Der Frust entsteht ja aus einem Grund“, kritisierte Ex-Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) die Ampelkoalition. Mittlerweile würden 80 Prozent der Bürger der Bundesregierung nicht vertrauen, sagte der stellvertretende Vorsitzende der CDU/CSU-Fraktion im Bundestag. Was er nicht sagte: In derselben Forsa-Umfrage für n-tv, RTL und „Stern“ kamen politische Parteien als solche nur auf einen Vertrauenswert von 13 Prozent, der Bundestag lag bei 32 Prozent.
Der allgemeine Vertrauensverlust politischer Institutionen ist laut Spahn aber auch für seine Partei eine Sorge, „wenn wir mal wieder regieren sollten“. Der Fraktionsvize sprach bei „Maybrit Illner“ vom „letzten Schuss der demokratischen Mitte“. „Den Feuerlöscher, Frau Faeser, haben Sie“, sagte Spahn. „Das beste Mittel, um die AfD kleiner zu kriegen, ist eine andere, eine bessere Politik. Man kann Unmut nicht verbieten.“
Da wandte Illner ein: „Es gibt kein Recht darauf, eine rechtsextremistische Partei zu wählen.“ Spahn warnte aber davor, durch ein Verbotsverfahren den Eindruck zu erwecken, sich eines unliebsamen Gegners entledigen zu wollen. „Ich ahne schon, wie die Wahlplakate in Sachsen sind“, sagte der CDU-Politiker. „Dann steht da drauf ‚Die letzten freien Wahlen‘ oder so was.“ Ein Verbot der AfD könne nicht ausgeschlossen werden. Monatelange Diskussion nützten aber letztlich nur der Partei, sagte Spahn.
„Die Frage, ob wir in Thüringen eine Situation haben, wo das Land unregierbar wird, weil Linkspartei und AfD so stark sind, dass keine Koalition gebildet werden kann, liegt in der Hand der Ampel“, behauptete der Unions-Fraktionsvize.
Die ZDF-Rechtsexpertin Sarah Tacke mahnte bei einem angestrebten Verbot der AfD ebenfalls zur Vorsicht. „Ausgang völlig offen“, sagte die aus Mainz nach Berlin zugeschaltete Journalistin. Juristisch einfacher könne es sein, dem thüringischen Spitzenkandidaten Björn Höcke die Grundrechte zu entziehen. Damit könne eine Kandidatur oder gar ein Amtsantritt als Ministerpräsident verhindert werden, sagte Tacke. Allerdings würde auch ein solches Verfahren lange Zeit in Anspruch nehmen.
„Illner“: So verletzlich ist der Rechtsstaat
Die Juristin warnte: Die deutsche Verfassung sei zwar wehrhaft, aber nicht wasserdicht. So sei es vergleichsweise einfach, die Wahl der Richter am Bundesverfassungsgericht zu ändern, um das Gericht zu entmachten. In den Bundesländern sei die Unabhängigkeit von Medien, Universitäten oder Schulen angreifbar. „Wir brauchen auch eine Mehrheit von demokratischen Bürgerinnen und Bürgern, die diese Verfassung vereidigen“, forderte Tacke.
„Ich habe immer das Gefühl: Eigentlich bin ich hier eine Belastung und muss weggehen“, sagte der Journalist Hasnain Kazim bei „Illner“. Der in Deutschland geborene Sohn von Einwanderern aus Indien und Pakistan sagte zum bekanntgewordenen Treffen in Potsdam von Rechtsradikalen mit Vertretern von AfD und CDU: „Das ist ein Kreis von Menschen, für den sind Menschen wie ich nie ein Teil dieser Gesellschaft, weil ich eben nicht ‚volksdeutsch‘ bin.“