An der Freien Universität Berlin läuft derzeit ein Polizeieinsatz. Studierende haben in einer pro-palästinensischen Protestaktion einen Hörsaal besetzt.
In Berlin haben pro-palästinensische Aktivisten am Donnerstag einen Hörsaal an der Freien Universität Berlin (FU) besetzt. Das berichtet der „Tagesspiegel“. Wie die Polizei Berlin t-online auf Anfrage bestätigt, soll es dabei auch zu körperlichen Auseinandersetzungen gekommen sein, als Studierende versuchten, ihre pro-palästinensischen Kommilitonen an der Protestaktion zu hindern.
Mittlerweile ist die Polizei mit mehreren Streifenwagen vor Ort, um den Protest im Blick zu behalten. Zu diesem hatte die Gruppe „Students for Free Palestine“ an der FU in den sozialen Medien aufgerufen. Auf Instagram teilten sie mehrere Posts, mit der Aufforderung, den Raum 1a in der sogenannten Rost- und Silberlaube in Dahlem zu besetzen. Wie der „Tagesspiegel“ berichtet, sollen sie sich dann gegen 11.25 Uhr am Donnerstagvormittag in dem Raum zusammengefunden haben.
Dort würden sie laut ihrem Aufruf gegen „die einseitige Haltung der Universitätsleitung bei der Gewalt in Israel/Palästina“ protestieren. Die Leitung der Universität habe den politischen Diskurs erstickt, politische Botschaften zum Thema „Palästina“ unterdrückt und würde vermeiden, „den Täter dieser Katastrophe“ zu nennen – nämlich Israel, lautet der Vorwurf der Aktivisten.
Nahezu unerwähnt lassen diese dabei den Terror der Hamas am 7. Oktober, die israelischen Geiseln, die die Terrororganisation noch immer in ihrer Gefangenschaft hält, sowie die Raketenangriffe, die seitdem fortwährend aus dem Gazastreifen auf Israel gestartet werden.
Leitung der Universität duldet Protest offenbar
Bei dem Protest kam es auch zu körperlichen Auseinandersetzungen zwischen Studierenden der Universität sowie Aktivisten der Aktion. Dabei seien zwei Strafanzeigen wegen Körperverletzung gestellt worden, sagte ein Sprecher der Polizei auf Anfrage von t-online. Gegen welche Personen sich diese konkret richten, ist unklar.
Die Studierenden hatten zuvor versucht, die Aktivisten von ihrem Protest abzuhalten und die Flyer und Plakate der Gruppe abzureißen. „Ich fühle mich nicht sicher an meiner Universität, wenn so etwas hier geduldet wird“, sagte eine Studentin dem „Tagesspiegel“. Demnach herrschte unter jüdischen Studierenden Entsetzen über die Aktion.
In den sozialen Medien kursiert zudem ein Video, das zeigen soll, wie die pro-palästinensischen Aktivisten jüdischen Studierenden den Weg versperren. Auch die Jüdische Studierendenunion in Deutschland (JSUD) berichtet das. Auf Anfrage von t-online konnte die Polizei einen solchen Vorfall zunächst jedoch nicht bestätigen.
Von der Universitätsleitung wird der Protest indes offenbar bislang geduldet. Zwar ist die Polizei vor Ort, unklar ist jedoch, wer die Beamten gerufen hat. Die Entscheidung darüber, ob der Hörsaal, in dem am Donnerstag eigentlich Veranstaltungen stattfinden sollten, geräumt werde, obliegt demnach der Leitung der FU. Doch auch am späten Donnerstagnachmittag ist das noch offen: „Ob die Universitätsleitung Gebrauch von ihrem Hausrecht macht, ist gerade noch in Klärung“, so ein Sprecher der Polizei zu t-online.
Immer wieder Antisemitismus an Universitäten
Der Protest ist nicht der erste pro-palästinensische Protest an einer Universität in Deutschland. Immer wieder protestieren seit dem 7. Oktober Studierende an Universitäten für die palästinensischen Zivilistinnen und Zivilisten in Gaza. Dabei kommt es jedoch auch immer wieder zu antisemitischen Vorfällen. So geriet vor wenigen Wochen etwa die Universität der Künste (UdK) in die Kritik, nachdem Aktivisten dort eine antisemitische Performance aufgeführt hatten, wie Sie hier lesen.
Laut Hanna Veiler, Präsidentin der Jüdischen Studierendenunion in Deutschland (JSUD), sind es solche und ähnliche Vorfälle, die dazu beitragen, dass jüdische Studierende in den vergangenen Wochen vermehrt isoliert würden, da sie die Universität zu ihrer Sicherheit meiden würden. „Sie sind unsicher, weil dort entweder kein Verständnis herrscht für die Situation, die sie durchleben, oder weil sie tatsächlich Antisemitismus ausgesetzt sind.“, so Veiler im Interview mit t-online. Das sei längst nicht nur an Berliner Universitäten so. Sie erreichten Berichte auch aus Nordrhein-Westfalen, Hessen oder Baden-Württemberg.