Dortmunds Jahresabschluss hinterlässt viele Fragezeichen. Was stimmt nicht mit der Mannschaft, welche Schuld trifft den Trainer – und wie reagieren die Bosse?
Die nächste enttäuschende Vorstellung des BVB, der sich nun selbst mit sechs sieglosen Spielen, inklusive Pokal-Aus, und Riesen-Rückstand auf Ligaplatz eins in die Winterpause verabschiedet.
Edin Terzić brachte nach Spielende bei „Sky“ auf den Punkt, was ihn wohl selbst zur Verzweiflung bringt: „Wir haben wieder beide Gesichter gesehen, die wir leider viel zu häufig sehen. In der ersten Halbzeit die Art und Weise, wie wir uns Fußball vorstellen, die Power, die Griffigkeit – und wie wir das in der zweiten Halbzeit alles vermissen ließen.“ Dieser unerklärliche Leistungseinbruch erhöht den Druck auf den 41-Jährigen weiter.
Doch wer trägt wie viel Schuld am schwarz-gelben Formtief? Ist es allein der Trainer? Oder ist es eher die Mannschaft, die – wie Hamann es formulierte – ihren Coach im Stich gelassen hat?
Ob die Chemie zwischen beiden Seiten noch stimmt, darf ebenfalls infrage gestellt werden. Meldungen, dass sich einige Profis mit den Vorgaben des Trainers nicht mehr wohlfühlten und sich nach dem Pokal-Aus in Stuttgart bei Klub-Boss Hans-Joachim Watzke beschwerten, erregten viel Aufsehen. Watzke dementierte zwar, doch haben die Spieler in der Folge wenig dafür getan, dass sich ein Bruch zwischen Mannschaft und Trainer völlig von der Hand weisen ließe.
BVB-Bosse haben nun zwei Optionen
Auffällig nach dem Mainz-Spiel: Weder Watzke noch Kehl stellten sich den Medien. Stattdessen tagte das Duo noch bis nach Mitternacht in Watzkes Stadionloge, nachdem dieser schon vor Abpfiff von seinem Sitzplatz verschwunden war. Den Bossen bleiben nun zwei Optionen: Den Trainer tauschen oder den Kader personell noch einmal nachjustieren. Für beide Varianten stellt sich jetzt, mitten in der Saison, die Frage: Wer ist überhaupt verfügbar, der Dortmund stärker machen könnte?
Noch vor Weihnachten wollen sich die BVB-Verantwortlichen um Watzke, Sportdirektor Sebastian Kehl und Berater Matthias Sammer jedenfalls mit Terzić zusammensetzen. Es geht dabei wie üblich um die Aufarbeitung der vorangegangenen Saisonhälfte.
Ob Watzkes vor der Saison getätigter Treueschwur für Trainer Terzić dieser Analyse noch standhält, ist nach den letzten Wochen nicht mehr sicher.
Zur Erinnerung: Bei Terzićs Vorgänger Marco Rose führte jenes Treffen zur Trennung nach nur einer Saison. Das Ergebnis des Gipfels damals, nach der Spielzeit 2021/22: Die Leistungen der Mannschaft unter Roses Leitung waren in der Gesamtbetrachtung aller Wettbewerbe zu inkonstant. Das kommt einem irgendwie bekannt vor.
Der BVB wurde seinerzeit Bundesliga-Zweiter (8 Punkte Rückstand auf Bayern), flog in der 3. Runde gegen den Zweitligisten St. Pauli aus dem Pokal, schloss die Champions-League-Gruppenphase als Dritter hinter Ajax Amsterdam und Sporting Lissabon ab und verabschiedete sich in der folgenden Zwischenrunde gegen die Glasgow Rangers direkt aus der Europa League.
Raus aus dem Pokal ist man auch jetzt schon (0:2 in Stuttgart in Runde 3), der Meistertitel bei mindestens zwölf Punkten Rückstand auf Rang eins bereits zur Winterpause utopisch bis ausgeschlossen. Einzig in der Champions League lieferte man mehr als erwartet: Gruppenplatz eins vor PSG, dem AC Mailand und Newcastle.
Kehl: „Wir haben Druck auf dem Kessel“
Gemessen daran können Kehl & Co. diesmal eigentlich nur zum gleichen Gesprächsergebnis kommen wie vor rund eineinhalb Jahren bei Rose. „Wir haben Druck auf dem Kessel“, gestand der Sportdirektor schon vor dem Anpfiff des Mainz-Spiels.