Viele Senioren schwören auf ausgiebigen Mittagsschlaf. Eine Studie kommt jedoch zu dem Schluss, dass langer Tagesschlaf das Alzheimer-Risiko erhöht.
Laut der Studie , die an der Harvard Medical School und der UC San Francisco durchgeführt wurde, erhöht Tagschläfrigkeit bei älteren Menschen das Demenzrisiko um bis zu 40 Prozent. Die Forscher berufen sich dabei auf Langzeitdaten von 1400 Teilnehmern im Durchschnittsalter von 81 Jahren. Die Ergebnisse der Untersuchung wurden im Fachmagazin „Alzheimer’s and Dementia“ veröffentlicht.
Beobachtungszeitraum von 14 Jahren
Die Studie erstreckte sich über einen Zeitraum von 14 Jahren. Zu Beginn hatten 76 Prozent der Teilnehmer keine geistigen Beeinträchtigungen, 20 Prozent klagten über leichte kognitive Störungen und 4 Prozent hatten Alzheimer. Am Ende der sechsjährigen Beobachtungszeit waren 25 Prozent der Teilnehmer an Alzheimer erkrankt.
Armbanduhr analysiert das Schlafverhalten
Um die Zusammenhänge zwischen Schlafverhalten und kognitivem Abbau zu untersuchen, mussten alle Probanden eine spezielle Armbanduhr zwei Wochen pro Jahr tragen. Waren die Senioren zwischen 9 Uhr und 19 Uhr über einen anhaltenden Zeitraum nicht körperlich aktiv, wurde das von dem Gerät als Nickerchen gewertet. Darüber hinaus wurde die kognitive Leistungsfähigkeit der Studienteilnehmer jährlich in Tests untersucht und dokumentiert.
Ab einer Stunde Mittagsschlaf: Demenzrisiko um 40 Prozent erhöht
Das Ergebnis: Bei denjenigen, die keine geistigen Defizite hatten, nahm die tägliche Schlafenszeit im Durchschnitt um elf Minuten pro Jahr zu. In der Gruppe der Teilnehmer mit leichten kognitiven Störungen verdoppelte sich die Schlafzeit auf 24 Minuten. Bei den Alzheimerpatienten betrug sie sogar 68 Minuten am Tag.
Darüber hinaus stellten die Forscher fest, dass häufigere und längere Nickerchen im Folgejahr mit nachlassenden geistigen Fähigkeiten einhergingen. Bei den Studienteilnehmern, die länger als eine Stunde oder mehrfach am Tag schliefen, war das Krankheitsrisiko um 40 Prozent höher als bei denen, die weniger oder seltener schliefen.
Tagschläfrigkeit als Frühsymptom für Alzheimer?
„Die wichtigste Erkenntnis ist, dass Schläfrigkeit am Tag bei Menschen, die normalerweise kein Nickerchen halten, ein Hinweis auf geistigen Verfall sein kann“, resümiert Studienleiter Yue Leng. Es sei durchaus möglich, dass die tägliche Schlafenszeit Auswirkungen auf die geistigen Fähigkeiten hat. Dass jedoch zu häufige Nickerchen unmittelbar Alzheimer verursachen, lässt sich aus der Studie nicht ableiten.
Allerdings sind die Autoren davon überzeugt, dass Tagschläfrigkeit ein Frühsymptom von Demenz sein kann. Vorangegangene Studien hatten bereits gezeigt, dass Alzheimer-Patienten weniger Nervenzellen besitzen, die beim Menschen für Wachheit sorgen.
Weitere Studien sollen Zusammenhänge klären
Eine allgemeine Empfehlung, wie lange ein Mittagsschlaf dauern sollte oder ob Senioren ganz auf ihn verzichten sollten, lässt sich anhand der Studienergebnisse nicht ableiten. Laut den Forschern ist es jedoch wichtig, mehr Aufmerksamkeit auf die Schlafmuster während des Tages zu lenken. Denn Schlafveränderungen können Hinweise auf Veränderungen im Gehirn sein.
In Folgestudien sollen nun die kausalen Zusammenhänge zwischen der Länge des Nickerchen am Tag und dem geistigen Abbau geklärt werden. Erst dann lassen sich valide Aussagen darüber treffen, ob ein langer Mittagsschlaf tatsächlich eine Demenz begünstigt oder die Reduzierung der Schlafzeit am Tag sogar das Alzheimer-Risiko senkt.