Am Donnerstagabend hat die letzte Maschine der Fluggesellschaft Air Berlin in Originallackierung die Hauptstadt überflogen. Warum die Kult-Airline den Menschen die Tränen in die Augen treibt.

Dem lauten Geräusch einer Flugzeugturbine wollen sich Menschen normalerweise nicht über längere Zeit aussetzen. Anders ist es am Donnerstagabend am Hauptstadtflughafen BER. Eine Traube von Menschen starrt nach einem 30-minütigen Flug auf ein Flugzeug mit Air-Berlin-Lackierung. Als die Turbine verstummt, ist es offiziell vorbei – der letzte Flug mit Air Berlin.

Air Berlin, einst eine der größten deutschen Fluggesellschaften, hat 2017 Insolvenz angemeldet. Damit ging die Erfolgsgeschichte der Kult-Airline zu Ende. Doch Flugzeuge mit Air-Berlin-Lackierung waren weiterhin am Himmel zu sehen. Andere Airlines übernahmen die Maschinen, ohne das Design zu verändern.

Nach und nach passten die Fluggesellschaften dann aber doch ihre Lackierungen an, bis nur noch eine Maschine in der typischen rot-weißen Lackierung der Fluggesellschaft Sundair übrig blieb. Mit ihr konnten Flugnostalgiker am Abend des 28. März einen letzten Rundflug über Berlin und Brandenburg unternehmen. Tickets gab es ab 119 Euro. Nach dem Flug wurde das Flugzeug in eine Lackiererei überführt, um dort eine Sundair-Lackierung zu erhalten.

Viel Sympathie für die Mitarbeiter

Dass Air Berlin keine gewöhnliche Airline war, wird bereits in der Wartehalle am Gate vor dem Abflug deutlich. Air Berlin stamme aus einer Zeit, an die man sich heute gerne erinnere, erzählen Passagiere im Gespräch mit t-online – aus einer Zeit, in der die Welt noch etwas überschaubarer erschien als heute.

„So eine Airline gibt es heute nicht mehr“, sagt Victor, der aus der Reisebranche kommt, zu t-online. Vor allem die Mitarbeiter hätten die Airline so beliebt gemacht: „Die Leute, die da gearbeitet haben, waren eine Familie.“ Passagier Hans hingegen schätzte damals vor allem das große Angebot von Air Berlin: „Man kam einfach überall hin.“ Air Berlin sei „die einzige vernünftige Fluggesellschaft“ gewesen, sagt ein weiterer Passagier. Daran habe sich bis heute nichts geändert.

Leander und Niklas gehören zu den wenigen jungen Passagieren, die sich den Flug im Design der Kult-Airline am Donnerstagabend nicht entgehen lassen wollten. An Flüge mit Air Berlin können sie sich nicht mehr erinnern, dafür sind sie zu jung. Aber beide sind sehr an der Luftfahrt interessiert und können den Kult um Air Berlin nachvollziehen. „Viele haben die Airline ins Herz geschlossen, vielleicht war sie freundlicher und frecher als andere. Vielleicht waren es die Schokoherzen“, lachen die beiden und spielen darauf an, dass jeder Passagier nach einem Flug mit Air Berlin ein Schokoherz geschenkt bekam.

Ergreifende Momente im Flugzeug

Neben den Flugnostalgikern hat sich eine weitere Gruppe am Gate versammelt: die ehemaligen Mitarbeiter. Sie hatten damals vor den Augen der Öffentlichkeit ihre Arbeit verloren, die sie liebten und die sie noch viel länger gemacht hätten – wenn sie gekonnt hätten.

Mit Stolz und Würde tragen sie am Donnerstagabend ihre alten Flugbegleiteruniformen. Manche der ehemaligen Kolleginnen und Kollegen haben sich lange nicht gesehen. Sie umarmen sich, erzählen, wie es ihnen seit dem Ende von Air Berlin ergangen ist.

Als der 30-minütige Flug über Berlin und Brandenburg beginnt, halten sich einige Mitarbeiter an den Händen, andere greifen zum Taschentuch, um sich eine Träne aus dem Augenwinkel zu wischen. Gesprochen wird kaum: Die Passagiere hören den Piloten zu, die erklären, was sie aus den Flugzeugfenstern sehen: den ehemaligen Flughafen Tegel, den Müggelsee, die Tesla-Fabrik in Grünheide.

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