Bei ihrer Klausur in Heidelberg wollte die CDU eigentlich über ihr Grundsatzprogramm reden. Nun ist noch anderes Thema auf die Agenda gerutscht. Das stellt die Partei zwar vor eine Herausforderung, kann schlussendlich aber auch eine Chance sein.
Friedrich Merz sieht in die Gesichter seiner Parteikollegen. Er ist jetzt ganz ernst. Sein Blick ist klar, die Mundwinkel unten. Es ist die Aussprache der Bundesvorstandsklausur, zu der sich die CDU an diesem Wochenende in Heidelberg trifft. Teilnehmer berichten t-online, wie Merz vorgebeugt an einem auf den Tisch aufgebockten Pult lehnt.
„Wir werden das nicht dulden“, sagt er. Und seine Zuhörer nicken.
Gemeint ist die AfD. Aber auch jene CDU-Mitglieder, die bereit sind, Pläne mit ihr zu schmieden. In der vergangenen Woche hatte das Recherchezentrum „Correctiv“ ein Treffen rechtsextremer Netzwerker in einer Villa in Potsdam enthüllt. Auch Christdemokraten sollen unter den Anwesenden gewesen sein. Offenbar nicht zum ersten Mal.
Merz unterstreicht an diesem Freitagnachmittag deshalb noch einmal: „So etwas hat hier keinen Platz.“ Das gelte für die Führungsämter, wie für die 400.000 Parteimitglieder.
Zwei Tage CDU pur? Von wegen
Eigentlich sollte es an diesem Wochenende um Inhalte gehen. Zwei Tage CDU pur, so der Plan. Parteichef Merz und sein Generalsekretär Carsten Linnemann wollten dem Bundesvorstand ihren Entwurf für das neue Grundsatzprogramm vorlegen. Die Botschaft, die von der Klausur ausgeht, sollte einzig und allein lauten: „Wir sind wieder regierungsfähig – und das haben wir vor“.
Denn an diesem Wochenende spielt noch ein zweites Thema eine zentrale Rolle: die Abgrenzung zur AfD und der Umgang damit, dass sich unter den eigenen Mitgliedern offenbar verbündete Rechtsextreme befinden. Aus Merz‘ Umfeld heißt es, er sei erschüttert gewesen. Als Demokrat über die Pläne der Rechtsextremen; und als Parteivorsitzender über die Teilnahme der eigenen Leute. Bei der Klausur setzt der CDU-Chef das Thema deshalb gleich zu Beginn auf die Agenda.
Zwar mahnt der ein oder andere in Heidelberg bereits vor Beginn der Klausur, man dürfe sich jetzt nicht schon wieder zu viel mit der AfD beschäftigen. Es müsse um die eigenen Inhalte gehen. Es gibt aber auch einige in der Parteispitze, die darin eine Chance sehen.
Aus gutem Grund. Denn ist nicht gerade jetzt der richtige Zeitpunkt, um ein für alle Mal klarzustellen, wie groß der Unterschied zu den Rechtspopulisten ist?
Eine Grenzüberschreitung, die mehrere Dinge zeigt
Nach dem geheimen Treffen in Potsdam, das an die Wannseekonferenz 1942 erinnert, zeigten sich diverse Politikerinnen und Politiker schockiert. Denn es soll dabei um die millionenfache Vertreibung von Menschen mit Migrationsgeschichte gegangen sein. Auch jene mit deutschem Pass.
„Dieses Netzwerks aus AfD-Politikern und rechtsextremen Akteuren, wissen genau, dass ihre Pläne zu Migration nicht mit der freiheitlich-demokratischen Grundordnung vereinbar sind“, schreibt die Grünen-Vorsitzende Ricarda Lang auf der Plattform X (vormals Twitter). Auf die Äußerungen des AfD-Abgeordneten Rene Springer zu dem Treffen schreibt Lang weiter: „Hier bekennt sich ein Abgeordneter der #AfD offen zu faschistischen Plänen für Massendeportationen und ethnischer Säuberung. Niemand kann sagen, man hätte nicht gewusst, welche Ideologie diese Partei antreibt.“ Springer hatte zuvor gepostet, dass es sich bei der millionenfachen Zurückführung von Ausländern keineswegs um einen Geheimplan handele.
Fakt ist: Die Grenzüberschreitungen, die in der vergangenen Woche öffentlich wurden, offenbaren nicht nur, wo die AfD steht. Sie zeigen auch, wie weit die Partei von der CDU entfernt ist. Für Merz wird damit eine rote Linie gezogen, von der in der Vergangenheit häufig behauptet wurde, sie existiere nicht – oder sei verschwommen.
„Kampf gegen diese Partei ist in diesen Zeiten so wichtig wie nie“
In Heidelberg findet man bei der CDU deutliche Worte für das Treffen in Potsdam und die entsprechenden Teilnehmer. Dass Merz die AfD noch mal zum Thema machen will, stößt bei vielen auf Zuspruch.
Der Ministerpräsident von Sachsen-Anhalt, Rainer Haseloff, sagt dem Nachrichtenportal t-online: „Wir haben in Sachsen-Anhalt schon früh die Gefahr erkannt, die von der AfD ausgeht.“ Die jüngsten Enthüllungen seien nun noch ein Beleg dafür, dass es sich hier um eine in weiten Teilen rechtsextremistische Partei handele. „Der Kampf gegen diese Partei ist in diesen Zeiten so wichtig wie nie“, so Haseloff.