Unbemerkt lebte die frühere RAF-Terroristin Daniela Klette mitten in Berlin. Aufnahmen in sozialen Medien geben Einblicke in ihr Leben.

Claudia Ivone lächelt viel. Nett sieht sie aus, die zierliche Frau in ihren Sechzigern. Graue Haare, Pferdeschwanz. Auf Bildern, die von ihr in sozialen Medien zu finden sind, tanzt sie mit Erwachsenen und Kindern, sie trommelt und singt, sie posiert umringt von anderen Menschen mit einem Rotweinglas auf einer Veranstaltung, die offenbar eine Vernissage ist.

Aber Claudia heißt gar nicht Claudia, sondern Daniela Klette. 30 Jahre lang lebte die ehemalige RAF-Terroristin unerkannt in Freiheit, bis Montag, als Polizeikräfte sie in ihrer Wohnung mitten in Kreuzberg festnahmen. Gegenwehr soll sie keine geleistet haben. Der „Spiegel“ schreibt gar, dass die 65-Jährige erleichtert gewirkt haben soll. Irgendwann ist es vorbei, soll sie sinngemäß gesagt haben.

Freundliche Nachbarin mit großem Hund und Fahrrad

Seit sie gefasst ist, wird Stück für Stück mehr bekannt über die Frau, die jahrzehntelang die Ermittler narrte. Nachbarn sagen, dass sie sehr nett gewesen sei, immer gegrüßt habe. Einen großen Hund soll sie gehabt haben und regelmäßig mit dem Fahrrad weggefahren sein. Wohin, wissen die Nachbarn nicht.

Zumindest bis vor ein paar Jahren führte ihr Weg sie regelmäßig in ein brasilianisches Kulturzentrum in Kreuzberg. Dort entstanden die Bilder, die sie beim Lachen, Trommeln und Tanzen zeigen. Offenbar über mehrere Jahre hinweg war sie dort aktives Mitglied, die aktuellsten Bilder von ihr wurden 2019 hochgeladen.

Journalisten identifizierten Klette schon vor Monaten

Die geposteten Bilder wären Klette um ein Haar schon früher zum Verhängnis geworden. Für den Podcast „Legion: Most Wanted“ suchten Journalisten nach Spuren von Klette. Mithilfe einer Software analysierten sie Klettes jahrzehntealte Fahndungsbilder und durchsuchten das Internet nach Bildern von Personen, die so aussehen, wie sie heute aussehen müsste. Und sie stießen tatsächlich auf die Fotos aus dem brasilianischen Kulturzentrum. Als die Journalisten dort nach ihr suchten, wurde aber klar, dass die Person, die sie für Klette halten, schon seit Jahren nicht mehr dort war. Die Spur verlief sich.

Die Podcastfolge mit den Recherchen zu Klette erschien am 20. Dezember 2023. Gut zwei Monate später schlagen die Ermittler in Kreuzberg zu. Laut dem niedersächsischen Landeskriminalamt kam der entscheidende Hinweis, der zur Festnahme führte, im vergangenen November aus der Bevölkerung.

Klette wird der dritten Generation der linksterroristischen RAF zugeordnet. Die Staatsanwaltschaft Verden wirft ihr und den weiterhin gesuchten Ernst-Volker Staub und Burkhard Garweg versuchten Mord und eine Serie schwerer Raubüberfälle in Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen zwischen 1999 und 2016 vor. Im März 1993 sollen sie einen Sprengstoffanschlag auf die im Bau befindliche Justizvollzugsanstalt (JVA) Weiterstadt in Hessen verübt haben. Klette befindet sich in Untersuchungshaft und machte bisher keine Angaben zu den Vorwürfen.

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