Ahmad Popal ist Imam, bezeichnet sich als Brückenbauer zwischen Religionen. Dafür möchte er sich auch mit potenziellen Extremisten an einen Tisch setzen. Was bringt ihn dazu?

Wo eigentlich Hochzeiten gefeiert werden, soll am 9. Mai ein Treffen verschiedener muslimischer Vertreter stattfinden. In Medienberichten gilt die Veranstaltung als Salafisten-Treffen, denn vier der fünf eingeladenen Gäste werden vom Verfassungsschutz beobachtet. Einer von ihnen, Konvertit Marcel Krass aus Hannover, soll zudem Kontakt zu einem 9/11-Terroristen gepflegt haben.

Mittendrin: Der Münchner Imam Ahmad Popal. Er gilt als besonders liberal und weltoffen. Doch auch er ist in den vergangenen Wochen wegen seiner Teilnahme an dem Treffen in die Kritik geraten. Auf Facebook wehrt er sich gegen die Vorwürfe. t-online hat mit Popal gesprochen und ihn gefragt, weshalb er potenziellen Extremisten eine Bühne gibt, was Religion von Ideologie unterscheidet und wie der Nahostkonflikt den Blick auf Imame verändert hat.

t-online: In den letzten Wochen ist es laut um Sie geworden. Wie geht es Ihnen gerade?

Imam Ahmad Popal: Ich war bestürzt über die Berichterstattung. Auch meine Freunde, meine Angehörigen, meine Familie, alle waren sehr traurig, weil das Bild, das nach außen getragen wurde, nicht dem entspricht, was ich repräsentiere und wofür ich stehe. Es wurde ein Monster erschaffen.

Das geplante Treffen am 9. Mai wird von vielen Medien als Salafisten-Treffen bezeichnet. Zu Unrecht?

Ich bin davon überzeugt, dass das kein Salafisten-Treffen ist. Wahre Salafisten-Treffen gibt es schon immer wieder, auch in Bayern und auch in München. Aber nicht im Rahmen einer Veranstaltung, an der ich teilnehme. Ich bin kein Teil von solchen Sitzungen. Ich bin ein großer Freund von Diskussionen, von Vernunft und Streitkultur. Aber ich bin kein Freund von Sitzungen, an denen radikale Extremisten auf antidemokratische und antistaatliche Art und Weise versuchen zu diskutieren. An solchen Gesprächen nehme ich nicht teil.

Zur Person

Ahmad Schekeb Popal ist 34 Jahre alt und wurde in München geboren. Seine Wurzeln liegen in Afghanistan. Popal ist Imam und gilt in der Stadt als besonders offen und liberal. Er forderte mit rund einem Dutzend weiterer Imame im November ein Friedensgebet von Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) angesichts des eskalierenden Nahostkonflikts. Weil er an einem Treffen mit potenziellen islamistischen Extremisten teilnehmen sollte, ist Popal in den vergangenen Wochen in die Kritik geraten.

Ihre vier Mitredner vom 9. Mai werden alle vom Verfassungsschutz beobachtet. Macht es Ihnen in diesem Fall nichts aus, sich mit potenziellen Extremisten an einen Tisch zu setzen?

Ich habe mir natürlich darüber Gedanken gemacht. Als ein überzeugter Verfechter der Rechtsstaatlichkeit habe ich mich dennoch dazu entschlossen, teilzunehmen. Ich weiß, dass wir die besseren Argumente haben, wir Demokratinnen, wir Bürger in diesem Land. Daher sollten wir keine Angst vor dem Gespräch haben. Die sollten Angst haben, mit uns an einem Tisch zu sitzen. Wir haben die besseren Argumente, aber die müssen auch kommuniziert werden. Es gibt sehr wenige Leute, die Menschen mit gegenteiligen Ansichten von unserer Gesellschaft und unseren Werten überzeugen können.

Glauben Sie, dazu imstande zu sein?

Ich weiß, ich kann das, weil ich das tagtäglich mache. Die Polizei hat schon mehrmals Radikale, die zum Beispiel zum IS gegangen sind, mit mir in Kontakt gesetzt. Auch Frauen, die unter häuslicher Gewalt litten, werden öfter zu mir geschickt. Ich helfe Menschen, sich zu deradikalisieren und wieder in die Gesellschaft zu finden. Ich bin bis heute Ansprechpartner für Leute in derartigen Prozessen, sowohl für Afghanen als auch Nicht-Afghanen, für Araber und Nicht-Araber. Umso mehr schockt es mich, dass ich dann als Teufel dargestellt werde.

Der Konvertit Marcel Krass war letzten August schon einmal in München, nun soll er wieder für das Treffen in die Stadt reisen. Auf Instagram haben Sie in erster Reihe ein Foto mit ihm gepostet. Sind Sie befreundet?

Für eine Freundschaft haben wir zu wenig Kontakt, ich würde eher sagen, man kennt sich. Aber ich bin ein religiöser Mensch. Als Gandhi einen Brief an Adolf Hitler geschrieben hat, hat selbst er diesen mit den Worten „Ihr Freund, Mahatma Gandhi“ beendet.

Krass soll früher Kontakt zu einem 9/11-Terroristen gehabt haben.

Ich weiß nicht, ob das stimmt oder nicht. Aber wenn er wirklich diesen Kontakt hatte oder immer noch hat, würde er sich heute nie mit mir an einen Tisch setzen.

Er würde sich nicht öffentlich mit mir zeigen, weil er sonst seine Kontakte und seine Bühne verlieren würde. Er bekommt schon jetzt extreme Anfeindungen, gerade von Pierre Vogel (Anm. d. Red.: Pierre Vogel ist ein islamistischer Prediger und bundesweit bekannter Salafist). Dieser hat hinter der Bühne einmal über Krass gesagt, seine Aussagen seien eine Kriegserklärung an Leute wie ihn. Das ist aber keine Einbahnstraße. So wie er sich nicht mit mir an einen Tisch setzen würde, würde auch ich es nicht tun. Mit Terroristen rede ich nicht.

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