Als es um Reformen geht, wird Markus Söder von einer Journalistin unterbrochen. In Sozialen Netzwerken gab es Kritik.
Ein Schlagabtausch zwischen Markus Söder (CSU) und der Journalistin Diana Zimmermann sorgt in den sozialen Netzwerken für Gesprächsstoff. Der bayerische Ministerpräsident war am Sonntag in der ZDF-Sendung „Berlin direkt“ ins Studio zugeschaltet. Ein etwa fünfminütiger Ausschnitt des Gesprächs wurde später auf X, vormals Twitter, geteilt und diskutiert. In dem Clip wirft Zimmermann Söder zunächst vor, dass die Ampelregierung nun Investitionen tätigen müsse, „weil in 16 Jahren unter einer Regierung Merkel fast nichts passiert ist“. Dann will die Moderatorin vom CSU-Chef wissen, wie er ohne eine Lockerung der Schuldenbremse weitermachen würde: „So wie vorher ohne jegliche Reformen?“
Söder reagiert prompt mit einer Gegenfrage: „Wie kommen Sie darauf, dass in 16 Jahren nichts passiert ist?“, so der CSU-Chef. Die Moderatorin antwortet: „Weil wir ja sehen, was für einen Reformstau wir haben, momentan“. Söder hakt nach: „Haben wir den wirklich?“. Der Politiker fügt hinzu: „Das ist ihre Meinung, das respektiere ich, das scheint auch die Meinung der Ampel zu sein“. Dann setzt er an, um die Bemühungen der früheren unionsgeführten Regierung zu rechtfertigen. Doch die Moderatorin unterbricht ihn: „Das sagen alle Ökonomen in Deutschland, absolut alle Ökonomen“, so Zimmermann.
Söder will davon nichts wissen: Die Arbeitslosigkeit sei in den 16 Jahren unter Merkel halbiert worden, der Bund habe volle Haushaltskassen gehabt. „Und wir haben schwerste Krisen zu meistern gehabt, schwerste“, so Söder. „Denken Sie bitte an die Finanzkrise“. Da greift die Moderatorin erneut dazwischen: „Aber wir haben nicht so viele Krisen gehabt wie momentan“. Als Söder darauf antworten will, beendet Zimmermann das Gespräch abrupt: „Ich muss leider hier zum Ende kommen“, so die Moderatorin. Der CSU-Chef will sich nicht abschütteln lassen: „Das war aber ein etwas unglücklicher Start für unser erstes gemeinsames Interview. Denn den letzten Satz hätte ich schon noch gerne gesagt. Dass wir nämlich viele Krisen entschlossen gemeistert haben. Und eine solche wie jetzt könnten wir auch besser meistern.“ Zimmermann geht jedoch nicht mehr darauf ein und sagt nur: „Herzlichen Dank nach Nürnberg.“
Auf X bemängelten einige Nutzer nun, dass die Journalistin sich parteiisch verhalten habe. Unter anderem wurde ihre Aussage, dass „alle Ökonomen“ hinter der von ihr abgefragten Position stünden, als Unsinn kritisiert.
Kritik aus CDU-Kreisen am Interview
So schrieb die CDU-Politikerin Julia Klöckner, die unter Merkel Ministerin für Ernährung und Landwirtschaft war: „Das war kein journalistisches Interview, sondern Kommentar und Meinung der Fragestellerin“. Der CDU-Bundestagsabgeordnete Marc Henrichmann schrieb in einem Beitrag auf X: „Vorwürfe raushauen und dann aus Zeitgründen das Interview beenden? Journalistische ‚Neutralität‘ war da jedenfalls arg am Limit, liebes ZDF.“
Andere nahmen die Journalistin in Schutz: „Kritischer Journalismus ist kritischer Journalismus, auch wenn er sich gegen die eigene Meinung richtet und unbequem ist“, schrieb ein Nutzer unter das Video auf X. „Warum sollte sie ihn weitersprechen lassen, wenn er die Frage gar nicht beantwortet? Arbeitslosigkeit halbiert? Danke Agenda 2010. Viele Krisen gemeistert? Heute auch. Aber welche großen Investitionen meint er denn nun? Er kennt offensichtlich keine – weil es eben auch keine gab“, kommentierte ein anderer.
Verweis auf Reformstau-Studie
Der „Zeit“-Journalist Stefan Schirmer teilte das gesamte Video des Interviews auf X und verwies auf eine Studie, die die These der Journalistin, dass in der Ära Merkel ein Reformstau bei der Infrastruktur in Deutschland entstanden sei, unterstützt.
In der Erhebung des arbeitgebernahen Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) im Sommer 2022 kam heraus, dass marode Infrastruktur im Straßennetz, der Schifffahrt sowie in der Energieversorgung zunehmend die Geschäftstätigkeit deutscher Unternehmen bremst. Das gaben demnach fast vier von fünf befragten Unternehmen an. Das IW hatte bereits in den Jahren 2013 und 2018 bei Firmen nach Infrastrukturproblemen gefragt. Die Lage habe sich seit der ersten Befragung zunehmend verschärft, hieß es.
Nach Jahren der Unterfinanzierung der Verkehrsnetze stelle der Staat nun zwar mehr Investitionsmittel zur Verfügung. „Sie werden aber durch steigende Baupreise aufgezehrt“, werden die Autoren der Studie zitiert. Hinzu komme, dass Planungs- und Genehmigungsprozesse viel zu lange dauerten. Zudem fehlten Fachkräfte entlang der gesamten Investitionskette.