Bereits zum dritten Mal demonstrieren Deutschlands Bauern gegen die Ampelpolitik. Sie klagen über schlechte Bedingungen in der Branche. Die Lage ist komplex.
Das Wichtigste im Überblick
Die Bauernproteste erreichen vorerst ihren Höhepunkt: Zum nunmehr dritten Mal demonstrieren Landwirte gemeinsam mit Spediteuren und Handwerkern vor dem Brandenburger Tor in Berlin gegen das geplante Aus von Diesel-Vergünstigungen für die Landwirtschaft.
Zu der Großdemonstration haben Bauernverbände und der Speditionsverbands BGL aufgerufen. „Noch einmal soll der Politik verdeutlicht werden, was es bedeutet, die Wettbewerbsfähigkeit und die Existenz der Landwirte und mittelständischen Transportunternehmen aufs Spiel zu setzen“, erklärten die Verbände.
Neben Vertretern der Verbände will auf der Kundgebung auch Bundesfinanzminister Christian Lindner sprechen. Hoffnungen auf weitere Zugeständnisse der Ampelregierung hat der FDP-Politiker bereits gedämpft.
Am Frust der Landwirte und ihrer Mitdemonstranten, der sich schon bei den letzten Kundgebungen entlud, zeigte sich aber: Vielen geht es nicht nur um die konkreten Kürzungspläne der Regierung, sondern vielmehr um die allgemeine Lage in der Branche. t-online erklärt, wie es um Deutschlands Bauern steht.
Welche wirtschaftliche Bedeutung hat Landwirtschaft?
Eine eher geringe. Wirtschaftlich betrachtet macht die Landwirtschaft mit 76,2 Milliarden Euro nicht einmal zwei Prozent des deutschen Bruttoinlandsprodukts aus, das 2022 bei mehr als 3.876 Milliarden Euro lag. Dabei sollte allerdings nicht vergessen werden, dass die Landwirtschaft darüber hinaus auch Rohstoffe produziert, die die Grundlage für andere Wirtschaftszweige wie Nahrungsmittelindustrie, Gastronomie und Tourismus bilden.
Auf den Demos betonen Bauernvertreter zudem, dass die deutsche Landwirtschaft gerne noch größere Mengen im eigenen Land anbauen würde. Aufgrund günstigerer Importe sei das allerdings schwierig.
Befindet sich die Landwirtschaft in einer Krise?
Die Anzahl der landwirtschaftlichen Betriebe ist in den vergangenen Jahrzehnten drastisch gesunken. So gab es im Jahr 1975 noch mehr als 900.000 Betriebe, im Jahr 2022 waren es nur noch 256.000. Gleichzeitig blieb die landwirtschaftlich genutzte Fläche in der Zeit fast gleich. Das zeigt: Es gibt heute deutlich mehr Großbetriebe.
Die Flächennutzung ist effizienter geworden. Durch verbesserte Technik, andere Dünger und veränderten Anbau kann ein Bauer heute 139 Menschen ernähren. Das ist achtmal so viel wie 1960.
Video | „Es sind nicht nur Bauern, die ihrem Unmut Luft machen“
Quelle: t-online
Für den Bauer rechnet sich das hingegen weniger als früher. Denn pro einem Euro, den Verbraucher für Lebensmittel ausgeben, landen beim Bauern weniger als 21 Cent. 1950 waren es noch rund 63 Cent.
Das liegt vor allem daran, dass die Menschen heutzutage mehr verarbeitete Lebensmittel kaufen; aber auch der Druck vom Weltmarkt bedingt, dass für weniger Geld produziert werden muss. Preissteigerungen können Landwirte dementsprechend schlecht auf die Kunden umlegen. Seit den 1950er-Jahren gibt es deshalb Subventionen, die die heimische Produktion unterstützen.
Lohnt sich Landwirtschaft noch?
Die Gewinne variieren je nach Betriebsform, Größe, Region und den Wetterbedingungen. Laut Bauernverband erzielten Betriebe zuletzt im Schnitt 115.000 Euro. Dieser Betrag entspricht aber nicht dem Gehalt eines Bauern, sondern dem Betriebsergebnis.
Die hauptberuflich Beschäftigten in Ackerbaubetrieben verdienten 2021/2022 rund 54.340 Euro Jahresbrutto. In Milchviehbetrieben waren es knapp 52.000 Euro, und in Gemischtbetrieben kamen die Beschäftigten auf 42.000 Euro, berichtet die „Zeit“ unter Berufung auf das Bundesinformationszentrum Landwirtschaft.
Wie schaffen es die Bauern, so viel Aufmerksamkeit zu erregen?
Dafür gibt es mehrere Gründe: Zum einen ist die Lebensmittelproduktion ein Wirtschaftszweig, der in der einen oder anderen Form alle Menschen zumindest als Verbraucher betrifft. Somit sind potenziell steigende Preise oder ein geringeres Angebot von lokalen Produkten ein Thema, das die Menschen direkt betrifft. Viele unterstützen daher die Proteste.