Konzentration auf die Grundlagen
Auch wenn es am Ende nicht reichte, um doch noch in Europa zu überwintern, dürften Mannschaft und Fans wieder Hoffnung schöpfen. Gegen eines der besten Teams der Welt war die Sensation in Reichweite. Nur wenige Tage zuvor hatte es in der Bundesliga gegen Gladbach zudem dank einer ähnlich couragierten Vorstellung sogar den ersten Sieg seit Ende August gegeben. Das alte, kämpferische und kompakte Union Berlin – da ist es ja wieder.
Ein weiterer Hoffnungsschimmer für die Fans: Nicht nur spielerisch kann sich Union wieder auf die Grundlagen konzentrieren. Nach dem Aus in Europa gilt jetzt auch wettbewerbstechnisch der volle Fokus dem Kerngeschäft: der Bundesliga. Das wird auch bitter nötig sein, immerhin stecken die Köpenicker dort tief im Abstiegskampf. Mit den kommenden zwei Partien gegen die Kellerkinder Bochum und Köln stehen dabei enorm wichtige Spiele an.
„Das muss die Basis sein“
Das weiß auch Khedira, der die Mannschaft deshalb beschwört, den eingeschlagenen Weg weiterzugehen: „Ich hoffe, dass der Fokus ab morgen dann wieder Richtung Bochum geht“, sagte der Kapitän nach dem Spiel gegen Real. „Ich hoffe, dass jeder weiß, dass man, wenn man so spielt wie am vergangenen Samstag gegen Gladbach oder auch über weite Strecken heute, wenn man als Team agiert, dass man erfolgreich sein kann“, so Khedira. „Das muss jetzt die Basis für alles sein.“
Die Basis, die Grundlagen: Es sind Schlüsselwörter für die Trendwende in Berlin. Der neue Trainer Nenad Bjelica scheint der Mannschaft ihre alte Identität zurückgegeben zu haben. Ein Spiel gegen Union Berlin: Jetzt wird es wieder eklig. Mit Siegen gegen Bochum und Köln könnte Union das neugewonnene Selbstverständnis weiter stärken, einen großen Schritt hinaus aus dem Abstiegskampf machen – und womöglich am Ende sogar doch wieder Europa ins Visier nehmen?
Die Gefahr der teuren Neuzugänge
Derart hochgesetzte Ziele nach gerade einmal zwei guten Spielen scheinen dem neu ausgerufenen Fokus auf das Wesentliche entgegenzustehen. Doch im Hinterkopf muss die Hoffnung auf Europa bei den Verantwortlichen den Berliner Klubs weiterleben. Denn bei aller Bescheidenheit bleibt die Gefahr bestehen, die der Verein mit den Star-Verpflichtungen im vergangenen Sommer heraufbeschworen hat. Neuzugänge wie Gosens, Volland oder Bonucci konnte Union nur aufgrund der zusätzlichen Einnahmen aus der Champions League realisieren. Spielt der Klub in der kommenden Saison nicht international, werden die fürstlichen Gehälter das Berliner Budget schwer belasten.
Ein Anlauf auf Europa aus dem Tabellenkeller wäre dabei nicht beispiellos: Bayer Leverkusen steckte zu Beginn der vergangenen Saison ebenfalls in der Abstiegszone fest, schaffte nach einem Trainerwechsel von Gerardo Seoane zu Xabi Alonso und einer furiosen Aufholjagd am Ende aber doch noch die Europa-League-Qualifikation. Die Union-Verantwortlichen dürften auf ein ähnliches Szenario hoffen. Ganz Union-typisch werden sie dies jedoch nur im stillen Kämmerlein tun, nach außen weiter Bescheidenheit propagieren – und damit ebenfalls ein Erfolgsrezept aus der Vergangenheit weiterführen.
Ob Abstiegskampf oder erneuter Angriff auf Europa: Der Unterstützung ihrer Fans dürfen sich die Unioner wohl sicher sein. Immerhin sangen die Anhänger auch während der vergangenen schweren Monate lautstark für ihr Team. Nun dürfen sie das auch wieder ausschließlich dort tun, wo sie sich zu Hause fühlen: an der Alten Försterei. Ihrer Basis.