Es sind schnell ein paar Tausender: Ein Kraftausdruck im Straßenverkehr kann richtig ins Geld gehen. So kommen Sie als Opfer einer Beleidigung an Ihr Recht.
Das Wichtigste im Überblick
Lange Staus, volle Straßen oder zugeparkte Fahrradwege – es gibt viele Gründe, warum der Ton im Straßenverkehr zusehends rauer wird und die Nerven immer öfter blank liegen.
Kraftausdrücke wie „Idiot“, „blöde Kuh“ oder schlimmer wechseln da schnell die Seiten. „Gerade bei Autofahrern sinkt die Hemmschwelle schnell“, sagt Philipp Sander vom Automobilclub Mobil in Deutschland. Geschützt im eigenen Fahrzeug sei die Distanz zum Gegenüber größer: „Was man jemandem persönlich wohl eher selten sagen würde, rutscht hinter geschlossenen Autotüren wesentlich leichter heraus.“
Doch was dem Autofahrer vielleicht schon an der nächsten Ecke leidtun könnte, wenn der Verkehr wieder rollt, kann ein böses Nachspiel haben.
- Beschimpfung und Beleidigung: Ab wann ist es strafbar?
Ein Kavaliersdelikt ist das nämlich nicht. „Es handelt sich in allen Fällen um Beleidigungen“, sagt Daniela Mielchen, Fachanwältin für Verkehrsrecht, „und dabei ist es auch unerheblich, ob diese Äußerung schriftlich, mündlich, bildlich oder durch schlüssige Handlungen erfolgt ist.“ Das Zeigen des Mittelfingers erfülle den Tatbestand der Beleidigung dabei ebenso wie der „Vogel“ oder eine herausgestreckte Zunge.
Allerdings: Eine Beleidigung durch Schimpfwörter oder Gesten ist keine Ordnungswidrigkeit. Um für die unflätigen Äußerungen bestraft zu werden, ist es notwendig, dass die Gegenseite Anzeige erstattet. „Eine Beleidigung wird nur auf Antrag verfolgt, das bedeutet: Bei der Polizei muss ein Strafantrag gestellt werden“, erklärt Mielchen. Dann jedoch handelt es sich um eine Straftat laut § 185 des Strafgesetzbuchs (StGB). Sie können also strafrechtlich verfolgt werden.
Problematisch jedoch sei mitunter die Beweisführung, wenn Aussage gegen Aussage stehe. Staatsanwaltschaft und Gericht würden dann aber eher dazu neigen, dem Beleidigten zu glauben. Dem Beleidiger hingegen werde eher ein Interesse an falschen Schutzbehauptungen unterstellt. Zudem werden für die Strafanzeige die Personendaten benötigt. Die aber werde der Beleidigende meist nicht freiwillig preisgeben.
Daher in jedem Fall wichtig: das Kennzeichen notieren und möglichst auch Zeugen benennen. Eine andere Möglichkeit sind Beweisfotos oder -videos mit dem Smartphone. Hier jedoch warnt Mielchen: Grundsätzlich verstoße die Anfertigung von Fotos oder Videos ohne Einwilligung des Täters gegen das allgemeine Persönlichkeitsrecht. Aber nicht in jedem Fall sind solche Aufnahmen unzulässig: Anlassbezogen seien sie vielfach erlaubt. Hier komme es immer auf den Einzelfall an, und es müssten die Interessen beider Seiten berücksichtigt werden.
Laut § 185 StGB wird eine Beleidigung mit Freiheitsstrafen bis zu einem Jahr oder mit einer Geldstrafe und, wenn die Beleidigung mittels einer Tätlichkeit begangen wird, mit einer Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe geahndet. Auch Fahrverbote oder die Anordnung einer MPU (im Volksmund „Idiotentest“) können die Konsequenz sein.
Die Höhe der Strafe hängt auch davon ab, ob der Täter ein Ersttäter ist und wie das Gericht die Tatumstände bewertet. „Meistens bewegt sich die Geldstrafe zwischen 15 und 20 Tagessätzen, wobei die Tagessatzhöhe sich aus dem monatlichen Nettoeinkommen des Beschuldigten errechnet“, so Mielchen.
Einen Katalog mit festen Sätzen etwa wie beim Bußgeldkatalog gibt es nicht. Möglich sei aber auch, dass eine Beleidigung straffrei bleibe, wenn das Gericht zu dem Schluss kommt, dass der Beleidigende zuvor selbst provoziert wurde.
Laut „Bußgeldkatalog.org“ kann das Strafmaß sehr unterschiedlich sein. Einige Beispiele zu verschiedenen individuellen Urteilen, die im Einzelfall von anderen Gerichten anders bewertet werden können:
- Die Zunge herausstrecken: 150 Euro
- „Bekloppter“: 250 Euro
- *“Dumme Kuh“: 300 Euro
- „Leck mich doch!“: 300 Euro
- „Du blödes Schwein“: 475 Euro
- „Was willst du, du Vogel?“!: 500 Euro
- „Asozialer“: 550 Euro
- Einen Polizisten duzen: 600 Euro
- Einen Vogel zeigen: 750 Euro
- Scheibenwischer-Geste: 1.000 Euro
- Stinkefinger zeigen: 4.000 Euro
- „Du Wichser“: 1.000 Euro
- „Idiot“: 1.500 Euro
- „Schlampe“: 1.900 Euro
- „Alte Sau“: 2.500 Euro
Wer einen Polizisten als „Scheiß-Bulle“ beleidigt, muss nicht mit einer höheren Bestrafung rechnen. Mielchen: „Der Täter wird genauso bestraft, als wenn er einen normalen Mitbürger beleidigt hätte.“ Allerdings werde das für die Strafverfolgung notwendige öffentliche Interesse von der Staatsanwaltschaft bei der Beleidigung von Beamten sehr viel häufiger bejaht.
So teuer eine Beleidigung auch sein kann, Punkte in Flensburg gibt es dafür nicht mehr. „Seit der Punktereform werden nur noch Taten bepunktet, durch die die Verkehrssicherheit beeinträchtigt werden kann, was bei Beleidigungen grundsätzlich nicht der Fall ist“, erklärt Mielchen.