Als der Käfer ins Straucheln geriet, entwickelte VW einen Nachfolger für den Bestseller. Doch bis zum fertigen Golf brauchte es einige Anläufe.
Quo vadis, Käfer? In den späten Sechzigerjahren war bei VW klar: Das Erfolgsmodell braucht einen Nachfolger. Zwar verkaufte sich der Klassiker dank zahlreicher technischer und optischer Überarbeitungen immer noch relativ gut, aber die Konkurrenz hatte mittlerweile deutlich bequemere und modernere Modelle im Angebot. Da konnte die Konstruktion aus den Dreißigerjahren mit luftgekühltem Boxermotor im Heck nicht mehr mithalten. Der Konzern rutschte mehr und mehr in eine Schieflage.
Deshalb begannen Ende der 1960er Jahre mit Hochdruck die Entwicklungsarbeiten für einen Nachfolger. Mehrere Studien entstanden, darunter ein Prototyp mit wassergekühltem Frontmotor – der ein Einzelstück blieb. Auch der Entwicklungsauftrag (EA) 276 war der Versuch, dem Käfer einen modernen Nachfolger zu bescheren. 1969 setzten die Designer auf Frontantrieb, ein schräges Heck mit großer Heckklappe (aber extrem hoher Ladekante) und eine moderne Verbundlenkerachse – aber unter der Motorhaube steckte immer noch ein Käfermotor.
Auch im Innenraum erinnerte trotz des kantigen Äußeren noch vieles an den Käfer – zum Beispiel das runde Instrument hinterm Lenkrad und die sehr schlichte Instrumententafel.
VW bezeichnet das Design des EA 276 in der Rückschau als „zukunftsweisend“ – doch der luftgekühlte Boxermotor war es definitiv nicht. Auch das bei Porsche entwickelte Konzept EA 266 mit wassergekühltem Mittelmotor hatte nach einem Wechsel des VW-Vorstandsvorsitzenden 1971 keine Chance mehr – zu kompliziert in der Wartung.
Stattdessen ging der Zuschlag für das finale Modell an den VW-Entwicklungsauftrag EA 337. Designer Giorgetto Giugiaro hatte bereits 1970 seine Arbeit für die Marke begonnen und unter anderem den Passat (ab 1973), den Polo (kam 1975) und den Scirocco (ab 1974) gestaltet. Die ersten Entwürfe für den späteren Golf lieferte er bereits 1970 ab – und ab 1974 rollte das fertige Modell nach einigen Änderungen vom Band: ohne Boxermotor, aber mit Frontantrieb, Wasser- statt Luftkühlung, einem variablen Gesamtkonzept dank großer Heckklappe und umklappbarer Rücksitzlehne – und der Verbundlenkerachse, die bereits im EA 276 steckte.
1976 war die erste Million verkauft, trotz der Ölkrise. Bis heute wurden mehr als 37 Millionen gebaut und die überarbeitete Version der aktuellen, achten Generation wurde gerade vorgestellt – lesen Sie hier mehr darüber.
Der EA 276 wanderte ins Archiv und wird jetzt im Rahmen der Bremen Classic Motorshow vom 2. bis zum 4. Februar ausgestellt, und zwar neben dem brillantgelben Serien-Golf, der den Konzern aus der wirtschaftlichen Schieflage rettete und eine neue Epoche einleitete – sowohl technisch als auch optisch.