So sind intern kontrollierte Personen nicht nur motivierter, sondern finden sich auch häufiger in anspruchsvolleren Tätigkeiten wieder. So zeigt die IW-Analyse, dass rund 75 Prozent der Menschen mit Meisterabschluss eine internale Kontrollüberzeugung aufweisen. Bei Vorarbeitern und Kolonnenführern liegt der Anteil bei rund 66 Prozent. Demgegenüber verfügen rund 61 Prozent der ungelernten Arbeiterinnen und Arbeiter über eine externale Kontrollüberzeugung.
Enste stellte fest, dass rund 61 Prozent der Erwerbstätigen über eine internale Kontrollüberzeugung verfügen, während 39 Prozent äußere Umstände als bestimmend für ihr Leben wahrnahmen. Der höhere Anteil intern kontrollierter Menschen unter den Erwerbstätigen kommt laut IW wohl daher, dass diese Persönlichkeitsstruktur mit besseren Chancen auf dem Arbeitsmarkt einhergeht. Mit Blick auf die Gesamtbevölkerung liege die Verteilung von internaler und externaler Kontrollüberzeugung bei jeweils 50 Prozent, so die Studienautoren.
Aus Sicht der Studienautoren ist die Kontrollüberzeugung auch für Unternehmen relevant. Denn: Mitarbeitende mit internaler Kontrollüberzeugung bringen demnach häufig mehr Eigeninitiative, Innovationskraft und Verantwortungsbereitschaft mit. Voraussetzung sei aber, dass Unternehmen ihnen die nötigen Freiräume geben. „Diese Überzeugung ist mit Selbstwirksamkeit, Innovativität und Verantwortungsübernahme verbunden, was insbesondere in Krisenzeiten wichtig ist“, schreiben die Forschenden.
Gleichzeitig betonen sie, dass Mitarbeitende mit externaler Kontrollüberzeugung nicht zwangsläufig weniger geeignet sind – sie benötigen jedoch eine andere Führung: klare Strukturen, mehr Orientierung und Routineabläufe.
Die Forscher gehen davon aus, dass die Persönlichkeitsstruktur den beruflichen Werdegang beeinflusst – nicht umgekehrt. So wird die Kontrollüberzeugung schon in der Kindheit und Jugend geprägt, etwa durch Erziehung oder Bildung.
Sie ist damit zwar relativ stabil, aber nicht unveränderlich. „In gewissem Rahmen kann versucht werden, die Selbstwirksamkeit zu stärken, sodass die Person lernt, dass die meisten Dinge nicht extern vorherbestimmt sind“, erklärt Enste. Wer im Beruf oder in der Schule erlebt, dass das eigene Handeln Wirkung zeigt, stärkt seine Überzeugung, Einfluss nehmen zu können.
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Das könnte in Zukunft wichtiger werden. „Internale Kontrollüberzeugte werden durch die zunehmende Digitalisierung noch an Bedeutung gewinnen“, prognostiziert Enste. Da einfache Routinetätigkeiten immer häufiger von Computern oder Robotern übernommen werden, seien künftig vor allem Beschäftigte gefragt, die selbstständig, flexibel und lösungsorientiert agieren – Eigenschaften, die intern Kontrollüberzeugten zugeschrieben werden.
Es gibt jedoch durchaus Kritik an dem Konzept der Kontrollüberzeugung. So bemängelte etwa der Psychologe Albert Bandura bereits in den 1970er-Jahren, dass die Kontrollüberzeugung als Persönlichkeitsmerkmal zu unspezifisch sei. Auch die Sozialpsychologen Lee Shulman und Robert Rosenthal wiesen bereits 1986 in einem Beitrag im „Journal of Personality Assessment“ darauf hin, dass die Unterscheidung von intern/extern zu vereinfachend sei. So könnten Menschen je nach Lebensbereich unterschiedlich empfinden – etwa intern im Beruf, aber extern im Privatleben.














