In der CDU kursiert die Idee, der Ampel doch noch einmal die Hand zu reichen. Wie realistisch ist das? Wer ist gemeint? Und ist Olaf Scholz überhaupt interessiert?
Friedrich Merz zieht die Augenbrauen hoch. Er überlegt einen Moment, legt den Kopf schief. Es sieht aus, als würde er in seinen Gedanken nach einer Antwort kramen, die möglichst viele Türen auf die Frage offenlässt, die ihm gerade gestellt wurde. Ob er sich vorstellen könne, Olaf Scholz noch einmal die Hand zu reichen. Eine sogenannte „Allianz der Mitte“, an der sowohl der Bund als auch die Länder als auch die Unionsfraktion mitwirken könnten.
„Wie wir mit der Bundesregierung zusammenarbeiten, muss die Bundesregierung entscheiden“, sagt Merz.
Klingt erst mal nicht nach einem „Ja“, aber auch nicht nach einer Absage. Eher nach einem „wenn Scholz noch mal will, muss er zu uns kommen – und er muss es ernst meinen“. Dass das aktuell nicht so richtig realistisch ist, weiß Merz. Und damit ist die Antwort auf die Frage eigentlich doch klar: Nein.
Die Reaktion des CDU-Chefs während seines Pressestatements vor den Fraktionssitzungen am Dienstag, ist, wenn man mal darüber nachdenkt, kein Wunder. Schließlich ist die Idee, gemeinsam mit der Regierung an Lösungen für Probleme zu arbeiten, nicht neu. Es gab sie schon einmal, die ausgestreckte Hand, den sogenannten Deutschlandpakt. Und Merz sagt zu Recht selbst: Das Ganze sei vollkommen versandet und ohne jedes Ergebnis geblieben.
Was sollte dieses Mal also anders sein?
Reicht Fundamentalopposition aus, um die AfD kleinzukriegen?
Während die Ampel in diesen Tagen mit dem immer weiter wachsenden Unmut im Land zu kämpfen hat, gibt es bei den Konservativen unterschiedliche Ideen dazu, wie die Union reagieren sollte. Immerhin richtet sich ein Großteil des Frusts gegen die Arbeit der Regierung. Als Opposition ist es also nicht abwegig, den Moment auszukosten.
Problem: Die Anti-Ampel Stimmung zahlt vor allem auf die Konten der Protest-Parteien ein, besonders auf das der AfD. Der Blick auf die bevorstehenden Landtagswahlen in Thüringen, Sachsen und Brandenburg sowie die Europawahl im Sommer bereitet auch CDU und CSU große Sorgen. In den drei Bundesländern droht die AfD zunehmend stark, wenn nicht stärkste Kraft zu werden.
Also wird überlegt, wie man verantwortungsvoll mit der Lage umgeht, ohne der Ampel zu viel durchgehen zu lassen. Ein Drahtseilakt. So viel steht fest.
Auf der Bundesvorstandsklausur der CDU in Heidelberg schlägt der Ministerpräsident von Nordrhein-Westfalen, Hendrik Wüst, eine „Allianz der Mitte“ vor. Es ist die Idee, gemeinsam mit der Ampel an Lösungen für die großen Probleme der Zeit zu arbeiten – sei es Landwirtschaft oder Migration. Ist das nach dem misslungenen Deutschlandpakt noch realistisch? Und wer würde bei einem solchen Bündnis mitwirken?
Die eine Sichtweise: „Der Zeitpunkt ist vorbei“
In der Union gibt es im Grunde zwei Denkschulen dazu. Nach der einen ist eine Zusammenarbeit mit der Ampel mittlerweile, zumindest öffentlich, ausgeschlossen. Vor allem in der CSU ist man der Auffassung, das sei nach den Erfahrungen der Vergangenheit nicht mehr zielführend. Denn Scholz hatte Merz schon mehrfach und in verschiedenen Konstellationen ins Bundeskanzleramt geladen. Für den Deutschlandpakt.
Es gab Schnitzel mit Bratkartoffeln, aber keine Ergebnisse.
Stattdessen handelte der Kanzler mit den Ländern in gleicher Sache ein Papier aus, das er selbst als „historisch“ bezeichnete. Ohne Merz. Eine ziemliche Klatsche für den Oppositionsführer, die dazu führte, dass die Union den Deutschlandpakt für gescheitert erklärte.
CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt erinnert am Dienstagmorgen in der bayerischen Landesvertretung in Berlin noch einmal daran: „Der Zeitpunkt ist vorbei. Es geht jetzt nicht um eine politische Allianz, um die Ampel zu stützen.“ Ziel der Union müssten Neuwahlen sein. Basta.
Mit dieser Denke ist Dobrindt nicht allein. Auch in der CDU sind einige skeptisch, ob man der Ampel noch einmal die Hand reichen sollte. Man dürfe sich nicht mit reinziehen lassen. Die Regierung müsse das selbst in den Griff bekommen. Das sei schlichtweg nicht Aufgabe der Opposition, heißt es dort.