Vorhofflimmern verursacht in Deutschland jährlich über 35.000 Schlaganfälle. Bei dieser Herzrhythmusstörung gerät das Herz aus dem Takt.

Typische Symptome sind manchmal Herzrasen, Druckgefühl im Brustkorb und Luftnot sein. Das Tückische: Die meisten Betroffenen haben überhaupt keine Beschwerden.

Die Kardiologin Dr. Ellen Hoffmann ist Chefärztin der Klinik für Kardiologie am Herzzentrum München-Bogenhausen und Mitglied im Wissenschaftlichen Beirat der Deutschen Herzstiftung. Im Gespräch mit t-online.de erklärt sie, wie Vorhofflimmern entsteht, warum es so gefährlich ist und wie es behandelt wird.

t-online: Frau Dr. Hoffmann, was ist Vorhofflimmern?

Dr. Ellen Hoffmann: Das ist die häufigste anhaltende Herzrhythmusstörung in Deutschland. Vorhofflimmern ist eine völlig ungeordnete und schnelle elektrische Erregung innerhalb der Herzvorhöfe. Diese ungeordnete Erregung hat zur Folge, dass sich der Vorhof nicht mehr richtig zusammenzieht. Dennoch findet eine unregelmäßige elektrische Überleitung des Herzschlags auf die Herzkammern statt. Der Pulsschlag, und damit der Auswurf des Bluts aus dem Herz in den Kreislauf, ist absolut unregelmäßig. Deshalb nennt man das Krankheitsbild auch absolute Arrhythmie.

Ist das lebensbedrohlich?

Würde diese chaotische und schnelle Erregung nicht im Vorhof, sondern in der Herzkammer stattfinden, dann läge Kammerflimmern vor. Das Herz pumpt in diesem Fall kein Blut mehr in den Körper und infolgedessen überlebt der Patient das selten – man spricht hier vom plötzlichen Herztod. Beim Vorhofflimmern hingegen schlägt das Herz lediglich unregelmäßig. Dadurch verspüren etwa 20 bis 30 Prozent der Patienten Herzstolpern, Herzrasen oder Leistungsminderung.

Kann man mit Vorhofflimmern leben?

Ja. Damit das Blut durch den Körper gepumpt wird, braucht der Mensch die Kontraktion vom Vorhof nicht unbedingt. Es gibt Weltklasse-Marathonläufer, die trotz Vorhofflimmern immer noch laufen.

Warum kann Vorhofflimmern gefährlich werden?

Es ist keine lebensbedrohliche Rhythmusstörung. Sie ist nur gefährlich, wenn sie nicht erkannt und behandelt wird. Vor allem das Risiko für Schlaganfälle steigt. Nur rund ein Viertel der Patienten merken aber, dass sie Vorhofflimmern haben. Die anderen 75 Prozent, die das haben, gehen zum Hausarzt, Internisten oder Kardiologen und dann sagt der: „Sie haben ja Vorhofflimmern“. Die Patienten sind häufig völlig überrascht.

Warum merken die Betroffenen häufig nicht, dass sie eine Herzrhythmusstörung haben?

Vorhofflimmern wird nur dann bemerkt, wenn es zu schnell vom Vorhof in die Hauptkammer übergeleitet wird. Durch den zu schnellen Herzschlag kann sich das Herz nicht ausreichend füllen und somit auch nicht mehr genug Blut pumpen. Wenn die Herzfrequenz normal ist, merken die Betroffenen es oft nicht, ob der Vorhof an sich flimmert oder nicht. Und das heimtückische dabei ist, dass die Patienten eigentlich eine Behandlung bräuchten.

Wie kommt es zum Vorhofflimmern?

Von den großen Venen, die aus der Lunge ins Herz einmünden und zwar in den linken Vorhof, geht eine Aktivität aus, ähnlich wie von Zündkerzen. Von dort entspringen elektrische Impulse, die sogenannten Extrasystolen. Jede Episode von Vorhofflimmern wird durch eine Extrasystole, meistens aus diesen Lungenvenen heraus, ausgelöst. Das ist der Trigger für Vorhofflimmern.

Welche Risikofaktoren können Vorhofflimmern darüber hinaus auslösen oder begünstigen?

An erster Stelle ist das der Bluthochdruck. An zweiter Stelle kommt die koronare Herzerkrankung, das heißt, die Verengung der Herzkranzgefäße durch Arteriosklerose. An dritter Stelle stehen Erkrankungen der Herzklappen, insbesondere der Mitralklappe, die zwischen Vorhof und Hauptkammer liegt. Diese kann undicht sein, weil sie nicht richtig schließt. Ein weiterer möglicher Auslöser von Vorhofflimmern ist eine Herzschwäche. Aber auch eine Schilddrüsenüberfunktion kann Vorhofflimmern verursachen.

Warum bekommt der eine im Zuge dieser Grunderkrankungen Vorhofflimmern und der andere nicht?

Fast jeder Mensch hat zwar ab und zu Extrasystolen, aber nicht jeder bekommt dadurch Vorhofflimmern. Einmal muss der Trigger aus der Lungenvene vorliegen. Das sind Zellen, die in der Entwicklungsgeschichte des Herzens aus dem Vorhof mit in die Venen gezogen sind. Bei vielen Menschen feuern diese Herzzellen, bei anderen nicht. Hinzukommt, dass das Vorhofmuskelgewebe anfällig sein muss, eine anhaltende Rhythmusstörung aufrechtzuerhalten. Vergrößerte Vorhöfe neigen besonders zu Vorhofflimmern. Eine Vergrößerung entsteht zum Beispiel aufgrund von Bluthochdruck.

Welche Symptome haben Betroffene, die das Vorhofflimmern merken?

Das Hauptsymptom beim Vorhofflimmern ist das Gefühl des unregelmäßigen Herzschlages, sogenannte Palpitationen. Der Patient hat entweder das Gefühl, sein Herz stolpert, oder dass das Herz dauernd zu schnell und unregelmäßig schlägt. Patienten, die an einer Herzschwäche erkrankt sind, haben bei Vorhofflimmern außerdem Atemnot während körperlicher Belastung oder sogar in Ruhe.

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