Im sächsischen Pirna gelingt es der AfD, erstmals einen Oberbürgermeister zu stellen. Tim Lochner zieht ins Rathaus ein. Wer ist der Mann auf dem AfD-Ticket?
Das Wichtigste im Überblick
Seit Sonntagabend feiert die AfD: Mit Tim Lochner ist erstmals ein Kandidat der Partei als Oberbürgermeister in ein deutsches Rathaus eingezogen. Im sächsischen Pirna gewann der 53-Jährige den zweiten Wahlgang mit deutlichem Vorsprung. Lochner konnte 38,5 Prozent der Stimmen auf sich vereinen. Dahinter rangierten Kathrin Dollinger-Knuth (CDU) mit 31,4 Prozent und der Freie-Wähler-Kandidat Ralf Thiele mit 30,1 Prozent. Mehr zur OB-Wahl in Pirna lesen Sie hier.
Lochner ist parteilos, ließ sich aber von der AfD als Kandidat aufstellen. Der sächsische Landesverband der AfD war erst kürzlich vom Landesamt für Verfassungsschutz als gesichert rechtsextremistisch eingestuft worden. Wer ist der erste AfD-Oberbürgermeister Deutschlands? Und was hat Tim Lochner jetzt im Pirnaer Rathaus vor?
Wer ist der AfD-Kandidat Tim Lochner?
Tim Lochner ist 53 Jahre alt, kommt aus Pirna-Jessen und führt seit 1995 eine Tischlerei in der 40.000-Einwohner-Stadt. Bis zu seinem Parteiaustritt im Jahr 2016 war Lochner Mitglied der CDU und auch bereits Stadtrat. Seitdem mischt er als Parteiloser in der Pirnaer Stadtpolitik mit.
So trat Lochner bereits 2017 als unabhängiger Kandidat bei der Oberbürgermeisterwahl an, verlor aber gegen den damals amtierenden Rathauschef Klaus-Peter Hanke (parteilos), der in diesem Jahr wegen der Überschreitung der Altersgrenze von 65 Jahren nicht erneut antreten konnte.
2019 zog Lochner für die Wählervereinigung „Pirna kann mehr“ erneut in den Pirnaer Stadtrat ein. Diese stand der mittlerweile aufgelösten blauen Partei der ehemaligen AfD-Bundessprecherin Frauke Petry nahe. Das Bündnis zerstritt sich jedoch alsbald, sodass sich Lochner noch im Dezember 2019 der AfD-Fraktion im Stadtrat Pirnas anschloss.
Seinen Wechsel erklärte er dem Lokalsender Pirna TV damals damit, dass er als Fraktionsloser vom „Informationsfluss“ im Stadtrat weitgehend abgeschnitten worden wäre. Die AfD-Fraktion bezeichnete er als „homogenste Vereinigung“ im Stadtrat. Dennoch will er der Partei nicht beitreten, obwohl er sich mit seiner selbsterklärten politischen Linie als „Rechtskonservativer“ dort am stärksten repräsentiert sieht.
Seinen Wahlsieg erklärte Lochner am Sonntagabend mit seinem angeblich hohen Bekanntheitsgrad in der Stadt. „Ich halte seit mehr als 20 Jahren in Pirna meinen Kopf aus dem Schützengraben“, sagte er mehreren Medien in einem Interview auf der Wahlparty. „Das hat eingezahlt.“ Laut der „Taz“ hatte Lochner außerdem während der Pandemie die Proteste gegen die Corona-Politik in Pirna mitorganisiert.
Was hat Tim Lochner nun in Pirna vor?
Seine erste Amtshandlung werde sein, das Eingangsportal des Pirnaer Rathauses neu streichen zu lassen, sagte Lochner den „Dresdner Neuesten Nachrichten“ (DNN). Der staatlich geprüfte Restaurator habe es einst selbst getischlert. „Es sieht heruntergekommen aus“, erklärte der neue OB Pirnas. Dem MDR sagte Lochner zudem, dass er auf einen Dienstwagen verzichten und stattdessen sein Privatauto nutzen wolle.
Obwohl Lochner als AfD-Kandidat in das Rathaus einzieht, erwarte die Stadt keine AfD-Politik, „sondern Tim-Lochner-Politik“, sagte der Kommunalpolitiker den DNN weiter. Einerseits wolle er „den Logik-Faktor im Rathaus definitiv erhöhen“, so Lochner. Dazu gehört laut seiner Aussage, die Erhöhung der Parkgebühren in der Innenstadt zu stoppen. Die Verwaltung habe dies trotz vieler leerstehender Geschäfte beschlossen. „Das wird es mit mir nicht geben.“
Was „Tim-Lochner-Politik“ noch bedeuten könnte, dürften die Verwaltungsmitarbeiter von Pirna bald zu spüren bekommen. „Ich werde die Mitarbeiter im Rathaus versuchen, möglichst einzeln kennenzulernen – und auf Loyalität prüfen“, zitiert der MDR den neuen Oberbürgermeister. Was genau das bedeutet, ließ Lochner offen.