Die Räuber waren schon zu Gast, in diesem Jahr fliegen die Höhner zum Karneval nach Namibia. Heike von Somnitz, Sekretärin der Karnevalsgesellschaft Windhoek, erklärt, wie das Fest dort abläuft.
Rio de Janeiro oder Venedig – dass auch an anderen Orten in der Welt Karneval gefeiert wird, ist bekannt. Über den Karneval in Afrika weiß man allerdings nur wenig. Dabei fliegen sogar Bands aus Köln für Auftritte dorthin. t-online fragte bei Frau von Somnitz in Namibia nach, wie der Karneval dort Fuß fasste und wie er in den kommenden Tagen gefeiert wird.
t-online: Frau von Somnitz, wie und wann ist der Karneval überhaupt nach Namibia gekommen?
Heike von Somnitz: Das war im Jahr 1952. Damals hatte der Kulturwart des örtlichen Sportklubs den Auftrag, ein Fest zu organisieren, und er entschied sich für einen Ball, der an die deutschen Karnevalsbräuche angelehnt war. Es gab zwar noch keinen Prinzen und nur acht Gardisten, doch es war schnell klar, dass die Tradition wachsen sollte. Und so kam langsam alles dazu, was zum Karneval gehört: vom Elferrat und Prinzenpaar über einen Umzug bis zum eigenen Schlachtruf „Wika“.
1953 wurde das erste Prinzenpaar ernannt und der erste Karnevalszug organisiert. Im nächsten Jahr kam ein Büttenabend dazu. 1958 wurde das erste ständige Karnevalskomitee gebildet. Seither findet hier der größte Karneval im südlichen Afrika ohne Unterbrechung statt – mit Ausnahme der zwei Jahre Covid-Pandemie.
In Köln geht eine Session vom 11.11. bis Aschermittwoch. Wann und wie lange wird in Namibia gefeiert?
Insgesamt gibt es über das Jahr verteilt fünf Karnevalsveranstaltungen in Namibia. Die größte findet alljährlich im März oder April in der Hauptstadt Windhoek statt, und zwar über zehn Tage. Das ist also noch länger als die Karnevalswoche in Köln.
Wir starten mit der Prinzenproklamation und am nächsten Tag ist große Prunksitzung. Am Samstagmorgen rollen dann die Wagen durch die Independence Avenue und abends steht der Jugendkarneval auf dem Programm. Außerdem gibt es einen Kinderkarneval, einen Damen- und einen Herrenabend und zwei internationale Sitzungen.
Namibia – ehemalige deutsche Kolonie
Namibia ist eine ehemalige Kolonie des Deutschen Kaiserreichs, weshalb noch heute viele deutsche Einflüsse in dem Land zu spüren sind. Während der Kolonialzeit wurde Namibia zwischen 1884 und 1914 von den Deutschen ausgebeutet.
Lokale Stämme, wie die Nama und Herero, waren gewaltsamen Übergriffen ausgesetzt. Versuche, sich gegen die Ausbeutung zu wehren, wurden mit Gewalt niedergeschlagen. Hunderttausende Menschen verloren ihr Leben. Ein Völkermord, den Deutschland erst mehr als 100 Jahre nach den Verbrechen anerkannte.
Kennen Sie die Kölschen Bräuche? Welche Parallelen gibt es zwischen dem Karneval in Namibia und dem in Köln?
Wir haben auch einen Elferrat und unser Zug beginnt um 11.11 Uhr. Die neue Session startet immer am 11.11. An dem Tag wird das neue Sessionsmotto bekannt gegeben und anschließend dürfen die Karnevalisten offiziell wieder ihre Kappen und roten Jacken tragen. Mit einem Heringsessen wird der Karneval am Ende der Session dann begraben.
Gibt es bei Ihnen auch den klassischen Sitzungskarneval und den Straßenkarneval?
Den Straßenkarneval und den Karneval in Kneipen, wie er in Köln stattfindet, haben wir nicht. Aber unser Zug findet natürlich draußen statt. Und es gibt jede Menge Sitzungen. Bei der Prunksitzung geht es sehr „deutsch“ zu, aber gewürzt mit jeder Menge namibischem Flair. Bei den internationalen Sitzungen gibt es getreu dem Motto „One Namibia, One Nation, One Windhoek Karneval Celebration“ eine Mischung aus deutschem Karneval und afrikanischer Kultur. Die Reden werden auf Englisch und Afrikaans gehalten, dazu jede Menge Tänze und Musik.
Sie haben regelmäßig Gäste aus Deutschland. In diesem Jahr sind zum Beispiel die Höhner zu Besuch. Kommen in jeder Session deutsche Karnevalsbands?
Nicht jedes Jahr, aber immer mal wieder. Zuletzt waren die Räuber und vor längerer Zeit auch das Medium-Terzett und das Colonia-Duett bei uns. Außerdem sind schon verschiedene Trompeter-Korps bei uns aufgetreten.
Kommen auch deutsche Karnevalsvereine zu Besuch?
Ja, sogar jedes Jahr. Zu Besuch waren unter anderem schon eine Delegation aus Aachen, Bad Godesberg und Cuxhaven. Und sogar aus Kalifornien reisen regelmäßig Karnevalsfans an. Aus Deutschland besuchen uns in diesem Jahr Karnevalsvereine aus Edenkoben, Erbach, Mainz und Erkelenz. Mit den meisten von ihnen gibt es schon lange Freundschaften.
Frau von Somnitz, vielen Dank für das Gespräch.