Seit Tagen geben zivile Helfer alles. Jetzt bekommen sie Unterstützung von der Bundeswehr. In wenigen Tagen wird harter Frost erwartet.
200 Soldaten der Bundeswehr haben am Freitag ihr Lager in Sangerhausen im Landkreis Mansfeld-Südharz bezogen. Sie stellten Feldbetten in der örtlichen Mehrzweckhalle auf, breiteten ihre Schlafsäcke aus, sammelten sich zur Einweisung – und dann ging es los.
Erstmals sind Bundeswehrsoldaten in der aktuellen Hochwasser-Lage aktiv geworden. Sie helfen beim Befüllen und Verteilen von Sandsäcken, wie eine Sprecherin der Bundeswehr sagte. Ziel sei zunächst, einen Deichabschnitt in Sangerhausen zu stabilisieren. Bilder zeigen die Soldaten, wie sie durch den Matsch stapfen, schaufeln und schuften.
Temperaturen bis zu minus 15 Grad in Sachsen-Anhalt erwartet
Die Lage im sachsen-anhaltinischen Landkreis ist ernst. Seit Tagen drücken die Wassermassen gegen den Deich, der Katastrophenfall ist ausgerufen. Wiesen laufen über und bedrohen Siedlungen, THW-Pumpen sind im Dauereinsatz. Die Helfer reißen Zwölfstundenschichten ab. „Wenn das so nicht wäre, stünden hier einige Häuser unter Wasser“, sagt einer von ihnen.
Demnächst könnte die Arbeit noch viel härter werden. Wetterexperten sagen eisige Kälte voraus, der Deutsche Wetterdienst (DWD) erwartet Schneefälle in Sachsen-Anhalt. Am Samstag und Sonntag sollen die Temperaturen auf rund minus zehn Grad fallen, am Montag gar auf minus 15 Grad.
Trotzdem hoffen manche vor Ort auf die Kälte. „Das wird uns in die Karten spielen“, sagte eine Sprecherin des Katastrophenstabs des Landkreises Mansfeld-Südharz. Die Deiche würden bei dem Frost verfestigt.
Zivile Helfer stoßen an die Grenze, Politiker werden bepöbelt
Bisher sind es 500 zivile Helferinnen und Helfer, die das von den Fluten bedrohte Gebiet geschützt haben. Durch die Bundeswehr bekämen diejenigen, „die seit Tagen unermüdlich vor Ort sind, die Möglichkeit, eine kurze Ruhephase einzulegen“, sagte der Landrat von Mansfeld-Südharz, André Schröder (CDU). Die Zivilgesellschaft sei an ihrer Grenze, formuliert es Oberleutnant Gabor Melcher.
Die Nerven liegen blank. Als Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD), Umweltministerin Steffi Lemke (Grüne) und Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) sich am Donnerstag ein Bild der Lage machen wollten, pöbelten einige Anwohner los. „Volksverräter“, skandierten sie. Oder einfach: „Hau ab!“
Anwohnerin: „Die Koffer sind schon längst gepackt“
Landesvater Haseloff reagierte dünnhäutig: „Ja, geh lieber arbeiten!“, schimpfte er zurück. Dies sei als „konstruktive Aufforderung“ zu verstehen gewesen, bei der Deichverteidigung oder dem Befüllen von Sandsäcken mitzuhelfen, interpretierte ein Regierungssprecher hinterher die Worte des Ministerpräsidenten.
Genug zu tun ist weiterhin. Schon während der Weihnachtsfeiertage war der Fluss Helme im anhaltischen Landkreis Mansfeld-Südharz stellenweise weit über die Ufer getreten. Auch jetzt ist der Fluss um ein Vielfaches breiter als üblich.
„Natürlich haben wir Angst“, sagt Anwohnerin Martha Schöße. Jeden Tag schaue sie, ob das Wasser im Garten gestiegen ist. „Ich würde ja auch gehen. Die Koffer sind schon längst gepackt. Aber mein Mann will nicht. Und den lasse ich nicht allein.“