Der Schauspieler Dieter Hallervorden hat einen Song geschrieben, der sich mit Israels Vorgehen in Gaza auseinandersetzt. Dafür hagelt es jetzt Kritik.

Eines muss man Dieter Hallervorden lassen: Er lässt kaum eine Großdebatte aus, schaltet sich regelmäßig in die gesellschaftlichen Diskurse ein und hat keine Angst zu polarisieren. Ob Kritik am Gendern, an den Coronamaßnahmen oder an der Debatte um kulturelle Aneignung, Hallervorden schaltet sich gern ein. Meist mit einem politisch grundierten Lied, das in Reimform die vermeintlich missliche Lage auf die Schippe nimmt. So auch jetzt wieder.

Da hat der 88-jährige Kabarettist und Schauspieler („Didi auf vollen Touren“, „Honig im Kopf“) einen Song veröffentlicht, der sich kritisch mit dem israelischen Vorgehen im Konflikt mit der Terrororganisation Hamas auseinandersetzt. Unter anderem wirft Hallervorden der Regierung von Benjamin Netanjahu darin vor, im Gazastreifen „Völkermord“ zu begehen und nennt Israel einen „Apartheid“-Staat.

Auch die Parteien im Deutschen Bundestag bekommen ihr Fett weg. Wegen ihrer Solidarität mit Israel wirft Hallervorden ihnen vor, der „Apartheid die Treue“ zu schwören, und zwar „von Ampel bis AfD.“ Es sind schwere Vorwürfe, für die der Komiker nun allerdings selbst stark in der Kritik steht. So wird Hallervorden vorgeworfen, Antisemitismus und Verschwörungstheorien zu befeuern.

Hallervorden schrieb das Lied nicht selbst

„Wer ein Beispiel für Schuldabwehr-Antisemitismus im Zusammenhang mit Täter-Opferumkehr im Nahost-Konflikt sucht, Hallervordens Machwerk ist ein Bilderbuchbeispiel“, sagt Volker Beck, Präsident der Deutsch-Israelischen Gesellschaft (DIG), der „Bild“-Zeitung.

„Natürlich verurteile auch ich den Terror der Hamas“, beginnt Hallervorden sein Gedicht „Gaza Gaza“ und betont, dass er das „unmissverständlich klarstellen“ wolle. „Aber ersinne mir trotzdem, trotz alledem, gleichzeitig eine neue Friedenschance für eine Zweistaatenlösung.“ Er fordert eine Waffenruhe und die sofortige Freilassung aller Geiseln.

Hallervorden schrieb das Lied nicht selbst, sondern offenbar unter Mitwirkung von Dieter Dehm. Der ehemalige Bundestagsabgeordnete der Linkspartei wurde in den 1970er-Jahren als Spitzel für die Staatssicherheit der DDR (Stasi) geführt und soll den Regime-kritischen Liedermacher Wolf Biermann ausspioniert haben, dessen Manager Dehm war. Dehm bestreitet, von der Stasi angeworben worden zu sein.

Inzwischen wettert Dehm bei X mit Verve gegen die Bundespolitik. Er verfemt die Coronapolitik der Regierenden, hetzt gegen die Grünen im Besonderen, oder bezeichnet den ehemaligen ukrainischen Botschafter in Deutschland, Andrij Melnyk, als einen „Nazi-Bewunderer“. Der 74-Jährige stellt auch gern Strafanzeigen gegen unliebsame Kritiker, zuletzt schrieb er Sahra Wagenknechts Partei BSW einen empörten Brief, in dem er sich darüber beklagte, nicht in die Partei aufgenommen zu werden.

Chefin der Mittelstandssunion zeigt sich entgeistert

Dehm ist also politisch engagiert – und durchaus streitbar. So wie Hallervorden. Der habe sich mit dem Anti-Israel-Song „überraschend deutlich, wenn auch in feinsinniger Lyrik [sic!] auf die Seite der Menschen im Gazastreifen gestellt“, schreibt Dehm bei X.

Weniger feinsinnig sind die verschwörungstheoretischen Implikationen, die Hallervorden im Video zu seinem Song beisteuert. Dort sind unter anderem die Logos des deutschen Rüstungsunternehmens Rheinmetall oder der jüdisch-amerikanischen Investmentfirma Blackrock zu sehen. Auch Ausschnitte aus der Berichterstattung des katarischen Nachrichtensenders „al-Dschasira“ oder des „Islam Channel“ werden eingeblendet. Zu den Schnittbildern von Rheinmetall und Blackrock textet das Duo Hallervorden/Dehm: „Doch die Macht, die die Bestien schafft, aus kaltem Kalkül, sei verflucht.“

„Getextet von Diether Dehm, vorgetragen von Dieter Hallervorden. Selbstgerechter Antisemitismus als lyrisches Rührstück. Statt Honig Dreck im Kopf. Zum Würgen“, urteilt die CDU-Bundestagsabgeordnete und Chefin der Mittelstandsunion, Gitta Connemann, bei „Bild“. Die „Jüdische Allgemeine“ wirft dem Schauspieler vor, er hantiere mit „Laienspielertricks aus der Kiste der Politpropaganda“.

Hallervordens Kollegin, die Schauspielerin Rebecca Siemoneit-Barum, warf dem Kabarettisten („Nonstop Nonsense“) und „großen Schauspieler“ schon 2015 „mangelnde Empathie“ und eine „Leidenschaft fürs Beschimpfen Israels“ vor. Damals hatte Hallervorden sich kritisch zum israelischen Vorgehen im Gazakrieg im Jahr zuvor geäußert.

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