Bundesweit protestierten auch an diesem Wochenende wieder viele Menschen gegen Rechtsextremismus. Bei einer Gedenkveranstaltung in Rostock wurde eines Opfers gedacht – und vor den Gefahren gewarnt.
Zigtausende Menschen haben am Wochenende in Hamburg, Stuttgart und anderen deutschen Städten gegen rechts demonstriert. Bei der dritten Großdemonstration in der Hansestadt seit Januar sprachen die Organisatoren um die Klimabewegung Fridays for Future zunächst von mehr als 50.000 Teilnehmerinnen und Teilnehmern. Die Polizei wollte erst nach Abschluss eine konkrete Zahl nennen. Musikalischer Höhepunkt war ein Auftritt der Hamburger Band Deichkind, die skandierte: „Wir wollen keine Nazis und keine AfD.“
Auslöser für die jüngsten bundesweiten Proteste waren Enthüllungen des Medienhauses Correctiv über ein Treffen radikaler Rechter in Potsdam, an dem auch AfD-Politiker sowie einzelne Mitglieder der CDU und der sehr konservativen Werteunion teilgenommen hatten. In Stuttgart demonstrierten am Samstag nach Schätzungen der Polizei rund 8000 und 9000 Menschen unter dem Motto „Rechte Welle brechen“.
Mehrere Tausend Menschen zogen auch in verschiedenen Städten in Rheinland-Pfalz und dem Saarland gegen Rechtsextremismus auf die Straße. Bis zu 4500 Menschen liefen nach Polizeiangaben am Sonntag unter dem Motto „Nie wieder ist Jetzt“ durch Trier.
Rostock gedenkt des NSU-Mordopfers Mehmet Turgut
Die Stadt Rostock gedachte am Sonntag des vor 20 Jahren ermordeten Mehmet Turgut gedacht. Der damals 24-jährige Türke war am 25. Februar 2004 im Stadtteil Toitenwinkel Opfer der rechtsextremistischen Terrorgruppe „Nationalsozialistischer Untergrund“ (NSU) geworden. „Niemals dürfen die grausamen Untaten des NSU und die Ermordung Mehmet Turguts in Vergessenheit geraten“, sagte Oberbürgermeisterin Eva-Maria Kröger (Linke) bei einer Gedenkveranstaltung. Rechtsextremismus bedrohe auch heute die Demokratie und die von ihr geschützte Menschenwürde.
Mecklenburg-Vorpommerns Innenminister Christian Pegel (SPD) nannte die Mordserie eine Mahnung vor allem für die Sicherheitsbehörden. „Dass eine rechtsterroristische Gruppe jahrelang unbeobachtet morden konnte, macht uns allen bewusst, dass Rechtsterrorismus die größte Gefahr für unser gesellschaftliches Leben ist.“
Turgut war kaltblütig erschossen worden, kurz nachdem er den Imbissstand eines Freundes geöffnet hatte. Er war das fünfte von zehn Opfern einer Anschlagsserie, die sich vor allem gegen Kleinunternehmer richtete, deren Familien aus der Türkei und in einem Fall aus Griechenland stammten. Lange Zeit hatten die Ermittler die Täter unter den Landsleuten der Opfer gesucht. Erst 2011, als in Eisenach in einem ausgebrannten Wohnwagen die Leichen zweier NSU-Mitglieder gefunden wurden, erkannten die Behörden, dass die dreiköpfige Terrorgruppe für die Mordserie verantwortlich war.