Abschuss und Vergiftungen?
Immer weniger Wölfe in Bayern
14.11.2025 – 02:51 UhrLesedauer: 3 Min.
Nur 19 Welpen statt 35: Bayerns Wolfspopulation stagniert. Warum der Rückgang nicht natürlich erklärbar ist.
Die Zahl der Wölfe in Bayern ist deutlich zurückgegangen. Nach den neuesten Zahlen der Dokumentations- und Beratungsstelle des Bundes wurden im Monitoringjahr 2024/2025 im Freistaat sechs Rudel mit zusammen 19 Welpen nachgewiesen, zudem vier Paare ohne Nachwuchs und zwei territoriale Einzeltiere. Sie lebten in zwölf Territorien. Im Vorjahr waren es noch sieben Rudel und 35 Welpen gewesen. Zusätzlich ziehen einzelne Wölfe durchs Land, die im Monitoring aber nur begrenzt erfassbar sind.
„Zugewinne und Verluste von Rudeln halten sich im Moment in Bayern die Waage. Wir haben am Staffelsee und im Altmühltal zwei Rudel verloren. Der Stillstand im Wolfswachstum ist mit der natürlichen Populationsdynamik nicht erklärbar“, sagte der Wolfsexperte Uwe Friedel. Bei den vielen unbesetzten Lebensräumen in Bayern wäre ein viel deutlicheres Wachstum von bis zu 30 Prozent zu erwarten. „Wir gehen davon aus, dass illegaler Abschuss und Vergiftungen von Wölfen eine gewichtige Rolle für den Stillstand haben.“
In Oberfranken war kürzlich ein Wolf einer Schusswunde erlegen. Die Polizei ermittelt wegen des Verdachts auf einen Verstoß gegen das Bundesnaturschutzgesetz. Einen Verdächtigen hatten die Ermittler zuletzt noch nicht identifizieren können. Erst vor wenigen Wochen war zudem in der Oberpfalz ein toter Wolf von Wanderern entdeckt worden. Inzwischen ermittelt die Polizei dort aber gegen den Überbringer des Kadavers, weil dieser das tote Tier aus Tschechien nach Deutschland gebracht haben soll, um eine Straftat vorzutäuschen.
Die Statistik zeigt, dass sich das deutsche Wolfsvorkommen weiterhin auf den Osten und Norden des Bundesgebietes konzentriert. Pro Fläche ist die Territorien-Dichte in Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen und Sachsen-Anhalt durchschnittlich rund zwölfmal so hoch wie in Bayern. In Mittel- und Südbayern gibt es keinen Wolfsnachwuchs. Auch in den meisten angrenzenden Bundesländern und Regionen bleibt die Vermehrung der Tiere selten, mit Ausnahme von Tschechien.
Bayerns Wolfskarte bleibt weitgehend weiß.
Beate Rutkowski, Vizevorsitzende des Bund Naturschutz in Bayern
Auch bundesweit hat sich das Wachstum der Wolfspopulation über die vergangenen Jahre kontinuierlich verlangsamt. 2024 lag es laut Bund Naturschutz nur noch bei 6,3 Prozent, 2019 waren es noch 30 Prozent. Aktuell sei der deutsche Bestand nahe am Gleichgewichtszustand, Reproduktion und Sterbeereignisse seien etwa gleich groß.
„Bayerns Wolfskarte bleibt weitgehend weiß. Reproduktion gibt es nur in wenigen Teilen – der Rhön, dem Bayerischen Wald und im bayerischen „Wolfshotspot“ im Nordosten Bayerns“, sagte die Vizevorsitzende des Bund Naturschutz in Bayern, Beate Rutkowski. Es sei daher absurd, von einer notwendigen Regulierung des Wolfsbestandes und einem günstigen Erhaltungszustand in Bayern zu sprechen.
In Bayern hatte das Kabinett bereits beschlossen, den Wolf wieder ins Jagdrecht aufzunehmen. CSU und Freie Wähler hatten sich wiederholt für eine Bejagung ausgesprochen, sie begründen dies mit dem Schutz der Bevölkerung, Weidetieren und den wirtschaftlichen Interessen von Landwirten. Inwiefern von den wenigen Tieren im Land aber eine tatsächliche Gefahr ausgeht, ist höchst umstritten. Der für die Jagd zuständige Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger (Freie Wähler) teilte im Sommer 2024 gar mit, dass es in Deutschland die höchste Wolfsdichte weltweit gebe.
Um die Tiere zu bejagen, braucht es aber unter anderem auch eine günstige Einstufung des Erhaltungszustands. Trotz wiederholter Forderungen aus Bayern hat die Bundesregierung dies zumindest für den Alpenraum aber nicht festgestellt. Der Wolf ist ein streng geschütztes Tier, das nicht ohne Weiteres abgeschossen werden darf.


