Ein schwerer Fehler von Ena Mahmutovic besiegelte Deutschlands Niederlage gegen Italien. Team und Trainer nahmen die junge Torhüterin im Anschluss in Schutz.
Der Jahresabschluss verlief für die deutsche Frauen-Nationalmannschaft mehr als bitter: Mit 1:2 unterlag das Team um Kapitänin Giulia Gwinn am Montagabend Italien. Eine Niederlage, die zu vermeiden gewesen wäre. Doch vorne vergab das DFB-Team beste Chancen. In der Defensive leistete es sich dafür gleich zwei folgenschwere Aussetzer.
Zunächst war es Sara Linder, die die Gastgeberinnen mit einem Fehlpass zur Führung einlud. Bundestrainer Christian Wück packte sich nach elf Minuten entsetzt mit beiden Händen an den Kopf, als die Verteidigerin des VfL Wolfsburg den Ball nach einem Antritt kurz vor dem eigenen Strafraum Gegenspielerin Michela Cambiaghi in die Füße spielte. Die Inter-Stürmerin legte die Kugel in der Folge auf ihre Kollegin Agnese Bonfantini quer, die an der chancenlosen Ena Mahmutovic vorbei ins DFB-Gehäuse einschoss.
Bitter für die 20-jährige Torhüterin, die gegen Italien ihre Premiere im DFB-Tor feierte. Doch für Mahmutovic kam es noch dicker. Für sie wurde die Partie ein Debüt zum Vergessen.
Der Grund: Mahmutovic selbst zeigte sich letzten Endes verantwortlich für die Niederlage der DFB-Frauen in Bochum. Zwischenzeitlich hatte Felicitas Rauch für Deutschland ausgeglichen. Doch mit einem groben Schnitzer brachte Mahmutovic Italien wieder auf die Siegerstraße.
Einen Rückpass von Kleinherne nahm die Bayern-Torhüterin an, anstatt ihn direkt wegzuschlagen. Die Folge: Mahmutovic wurde von Barbara Bonansea angelaufen, geriet unter Druck. Zwar konnte sie die Angreiferin noch mit einem Haken aussteigen lassen, legte damit den Ball aber unfreiwillig auf den Fuß von Sofia Cantore, die den Ball im leeren Tor unterbrachte. Ein kurzer, aber entscheidender Blackout der DFB-Torfrau.
Scharfe Kritik an Mahmutovic wollte nach Abpfiff dennoch niemand äußern. Schon auf dem Platz hatten Giulia Gwinn und Sara Doorsoun ihre sichtlich geknickte Mitspielerin sofort wieder aufgerichtet, ihr aufmunternde Worte mit auf den Weg gegeben. Nach dem Spiel dann ein ähnliches Bild.
„Natürlich darf sie sich ärgern. Sie ist jung“, so die 33-jährige Doorsoun über Mahmutovic. „Ich habe ihr gesagt, dass es ihr erstes Länderspiel war und sie stolz auf sich sein darf.“ Und weiter: „Ich glaube, dass sie beim nächsten Mal dann den Ball einfach wegschlägt.“
Klara Bühl, Mahmutovics Mannschaftskollegin in München, hob indes das gute Mannschaftsgefüge in solchen Situationen hervor. „Wir stehen immer hintereinander, auch wenn solche Fehler passieren“, so die Offensivspielerin nach den beiden deutschen Aussetzern gegen Italien. „Das kann passieren, das gehört dazu.“
Auch der Bundestrainer ließ Milde walten, wollte insbesondere Mahmutovic keinen Vorwurf machen. „Sie hat ordentlich gespielt. Sie hat in der einen Szene einfach eine falsche Entscheidung getroffen“, sagte Christian Wück. „Das darf man den Spielerinnen auch zugestehen. Das ist ein Lerneffekt.“
Wück betonte, dass er für den Fehler seiner Torhüterin einstehe. „Ich mache da überhaupt keinen Vorwurf.“ Er habe Mahmutovic bereits im Vorfeld der Partie erklärt, „sie sollte sich nicht einbilden, dass heute dieses Spiel ihre Nationalmannschaftskarriere beeinflusst.“
Ohnehin ist der Kampf ums DFB-Tor offen wie lange nicht mehr. Die langjährige Stammkraft Merle Frohms trat vor wenigen Monaten zurück. Ann-Katrin Berger, bei Olympia die Nummer eins, wurde bei diesem Lehrgang geschont. Die Chance für jüngere Torhüterinnen, sich ins Rampenlicht zu spielen.
Gegen die Schweiz (6:0) debütierte etwa die 23-jährige Essenerin Sophia Winkler, wurde dabei aber kaum von den gegnerischen Offensivkräften geprüft. Frankfurts Stina Johannes musste vor dem Italien-Spiel verletzt abreisen, war aber bei Olympia die Nummer drei hinter Berger und Frohms und stand auch im WM-Kader 2023.
Und dann ist da eben noch Ena Mahmutovic. Auch sie war eigentlich nur nominiert worden, weil Bayerns Stammkeeperin Mala Grohs an einem bösartigen Tumor erkrankt ist und auf unbestimmte Zeit ausfällt. Jetzt muss die ehemalige Duisburgerin ihre Kollegin in doppelter Hinsicht vertreten – und ihren Fehler beim DFB-Debüt schnell hinter sich lassen. Eine neue Chance in der Nationalelf dürfte sie dann sicherlich erhalten.