Es ist das letzte Puzzleteil, auf das Millionen Eigentümer noch warten: Wie hoch fallen die Hebesätze für die neue Grundsteuer aus? In zwei Ländern wird es konkret.

Bald entscheidet sich, ob Bund und Länder ihr Versprechen halten: Aufkommensneutral soll sie werden, die Grundsteuerreform. Einzelne Kommunen sollen sich an ihr also nicht bereichern können. Stattdessen soll der Betrag, der vor der Reform an Grundsteuer im Stadtsäckel lag, auch nach der Reform in etwa gleich groß bleiben. Ob das gelingt, darüber entscheiden im Laufe dieses Jahres die Bürgermeister, Kämmerer und Stadträte. In Berlin ist das bereits geschehen. Und auch in Nordrhein-Westfalen gibt es nun erste konkrete Zahlen.

Die Finanzverwaltung NRW hat für jede der 396 Kommunen im Land Musterwerte die sogenannten Hebesätze veröffentlicht. Sie sind das letzte fehlende Puzzlestück in der Gleichung, mit der die Höhe der Grundsteuer ab 2025 bestimmt wird. Die Werte der Landesregierung sollen zeigen, wie sich der Hebesatz einer Kommune ändern muss, damit in etwa gleich viel Grundsteuer eingenommen wird. Die aufkommensneutralen Hebesätze für Städte und Gemeinden in NRW können Sie hier abfragen.

Die Finanzverwaltung unterscheidet dabei auch zwischen Wohn- und Gewerbegrundstücken, liefert also unterschiedliche Hebesätze für unterschiedliche Grundstücksarten. Das soll verhindern, dass Eigentümer von Wohnimmobilien übermäßig belastet werden. Ohne diese Unterscheidung würde zum Beispiel der aufkommensneutrale Hebesatz in Dortmund bei einheitlich 785 Prozent liegen.

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Würde die Stadt hingegen unterschiedliche Hebesätze für Wohnen und Gewerbe festsetzen, läge er für Wohngrundstücke nur noch bei 615 Prozent, für Gewerbegrundstücke bei 1.231 Prozent. Beim Hebesatz gilt: je höher die Prozentzahl, desto teurer am Ende die Grundsteuer. Mehr zum Hebesatz lesen Sie hier.

Das Problem an der Sache: Die Werte der Landesregierung sind nur ein Vorschlag, daran halten müssen sich die Kommunen nicht. So könnten sie beispielsweise auch weiterhin einen einheitlichen Hebesatz anwenden. Das Transparenzregister setzt die Kommunen allerdings unter Druck, dem Beispiel zu folgen. Weichen die Bürgermeister nach oben ab, dürfte ihnen der Ärger der Bürger gewiss sein. Auch andere Bundesländer planen derartige Transparenzregister.

„Wir geben den Verantwortlichen vor Ort alle Optionen, um eine faire und zielführende Besteuerung für die Menschen und Unternehmen in ihrer Kommune festzusetzen“, sagte NRW-Finanzminister Marcus Optendrenk (CDU). Man schaffe so „größtmögliche Transparenz für unsere Kommunen sowie für Bürgerinnen und Bürger“.

Kommunen kritisieren Pläne der Landesregierung

Bei den Städten und Gemeinden kommt die Idee unterschiedlicher Hebesätze für Geschäfts- und Wohngrundstücke allerdings nicht gut an. „Sie sind kein rechtssicheres Instrument, um die Lastenverschiebung hin zu Wohngrundstücken zu verhindern“, sagte der Geschäftsführer des Städtetags NRW, Helmut Dedy. „Die rechtlichen Unsicherheiten wären groß, denn jeder differenzierte Hebesatz muss in jeder Kommune separat verfassungsfest begründet werden.“

Auch der Städte- und Gemeindebund NRW äußerte sich kritisch: „Wenn das Land diese Aufgabe auf uns abwälzt, stehen die Hebesätze jedes Jahr aufs Neue in den Räten zur Diskussion“, sagte Präsident Christoph Landscheidt. „Das wird regelmäßig Konflikte zwischen Gewerbetreibenden und privaten Eigentümern provozieren. Versprechungen des Landes, so werde man das Wohnen entlasten, werden so nicht auf Dauer einzulösen sein.“

Die Grundsteuer ist mit einem bundesweiten Aufkommen von rund 15 Milliarden Euro neben der Gewerbesteuer die wichtigste Einnahmequelle der Kommunen, mit der sie etwa Schulen, Kindergärten, Straßen und Spielplätze finanzieren.

Doch selbst wenn die Städte und Gemeinden die unterschiedlichen Musterwerte eins zu eins übernehmen, wird sich mancher Eigentümer wundern. Denn Aufkommensneutralität meint nicht, dass jeder einzelne Grundstücksbesitzer am Ende das Gleiche an Grundsteuer zahlt wie vor der Reform. Für Menschen oder Unternehmen kann die Grundsteuer auch steigen oder sinken. „Aufkommensneutralität für die Kommune bedeutet nicht Belastungsneutralität für die Bürgerinnen und Bürger“, heißt es dazu auf der Internetseite der Finanzverwaltung NRW.

In Berlin ist man bereits einen Schritt weiter. Dort können Hausbesitzer ihre künftige Grundsteuerlast schon ausrechnen. Wie angekündigt hat das Abgeordnetenhaus beschlossen, den Hebesatz von 810 auf 470 Prozent zu senken, um dem Gebot der Aufkommensneutralität gerecht zu werden. Das ist zwar ein einheitlicher Wert für Wohnen und Gewerbe, allerdings wird die sogenannte Steuermesszahl zugunsten bewohnter Grundstücke verändert. Dem neuen Gesetz zufolge beträgt sie für Wohngrundstücke ab Anfang 2025 0,31 Promille, für andere Grundstücke dagegen 0,45 Promille.

Die Steuermesszahl ist neben dem Hebesatz und dem neuen Grundsteuerwert, der mithilfe der Grundsteuererklärungen ermittelt wurde, ein Faktor in der Formel für die Grundsteuer. Wer alle drei Faktoren multipliziert, weiß, wie viel Grundsteuer er ab 2025 zahlen muss. Berliner setzen also den Grundsteuerwert aus ihrem Steuerbescheid ein und multiplizieren ihn mit 0,00031 (Steuermesszahl für Wohngrundstücke) und 4,7 (Hebesatz, den Berlin beschlossen hat). Mehr dazu, wie Sie Ihre Grundsteuer berechnen, lesen Sie hier.

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