Das Museum für Elektromusik präsentiert Juwelen der Genre- und Synthesizergeschichte. Das Publikum kann seine eigene Hitparade wählen.
Im April gibt es das Momem schon ein Jahr. Kinder, wie die Zeit vergeht. Von diesem Freitag an feiert das Museum für Moderne Elektronische Musik „Milestones“: Meilensteine des Genres.
Die britische DJ Paula Temple zählt dazu beispielsweise „All Is Full Of Love“ von Björk aus dem Jahr 1999. Ihr Stuttgarter Kollege Konstantin Sibold nominiert entzückenderweise den Track „Gegen“ – von Paula Temple. Die Chilenin Shanti Celeste schwört unter anderem auf Beyoncé, Sade und „The Ghost Has No Home“ von den Cocteau Twins. Was für ein grandioser Titel. Was für eine grandiose Gelegenheit, den ganzen Nachmittag Musiktipps zu lauschen, statt diesen Zeitungsartikel fertig zu schreiben.
Das Momen-Team hat gut 100 DiscJockeys auf der ganzen Welt gebeten, ihre Meilensteine der Elektromusik zu nominieren. Während die Antworten eintrudeln, entsteht im Lauf der Ausstellung eine sich ständig wandelnde Hitparade. Das Momem-Publikum hört die Songs mit den Kopfhörern an, die von der Decke hängen (du lieber Himmel, haben diese Kopfhörer einen Sound!) und machen dann ihre eigenen Charts. An Tischen mit digitaler Benutzungsoberfläche geben sie ihre fünf Favoriten ein.
An den Wänden begleiten Fotografien die von Torben Giese kuratierte Schau: Clubszenen, Tanz, Lichter, Schweiß, schrille Outfits, nackte Oberkörper. Die Fotografin Sandra Mann steuert eine Installation bei. „Eine Gesellschaftsstudie“, sagt sie. „Es geht um die sozialen Strukturen des Nachtlebens und der Musikszene.“
Ums Soziale geht es ohnehin sehr im Momem, sagt Alex Azary vom Museumsvorstand, um Raum für Kreative, „sonst verlassen die Kreativen die Stadt“, und um noch etwas Wichtiges: „Die Clubkultur ist eine Bastion gegen rechtsextreme Tendenzen.“ Das Museum als Club, der Club als sozialer Raum: „Das ist es, worauf es ankommt“, sagt Azary, „dass Leute zusammenkommen, Musik genießen, Freude haben.“ Das betont auch Kulturdezernentin Ina Hartwig (SPD): das Momem als Ort der Gemeinschaft, als Ort, der auch beispielsweise eine ukrainische DJ jüngst zu Gast hatte, als Ort, der weibliche DJs in den Fokus rückt.
Talla 2xlc und die Geräte
Ein Nebenraum zeigt weitere „Meilensteine“: Synthesizer und Drumcomputer von einst. Auch da kann man sich verlieren, besonders wenn Welt-DJ Talla2xlc neben einem steht, die Geräte erklärt, vom handlichen Roland TB-303 (1981) bis zum monströsen Emulator II (1984), und sagt: „Die waren eigentlich unerschwinglich damals. Aber das hab’ ich auch fast alles, was hier steht.“
Wenn heute mehr Platz in der Zeitung wäre, könnte man erstens noch stundenlang weiter schreiben (und hören), etwa über spannende kommende Momem-Projekte, zweitens das Interview hinzufügen, das die FR eigens zur Ausstellung mit Isolée geführt hat, Produzent des Meilenstein-Hits „Beau Mot Plage“. Beides wird so schnell wie möglich nachgeliefert.
„Milestones“ im Momem , Zwischenebene der Hauptwache, bis 1. Juni.