Showdown im Bundestag: Das umstrittene Rentenpaket ist erstmals Thema im zuständigen Ausschuss. Dort kritisieren Fachleute den Ampel-Plan scharf.

„Teuer, ungerecht und kurzsichtig“, „Einseitige Belastung jüngerer Versicherter“: Es sind teils vernichtende Urteile, die Experten und Verbandsvertreter über das Rentenpaket II der Ampel fällen – und die jetzt innerhalb der Ampelkoalition weitere Diskussionen auslösen dürften.

Am Montag haben die Sozialpolitiker im Bundestag erstmals über die umstrittene Rentenreform der Bundesregierung beraten. Erster Schritt dieses parlamentarischen Prozesses nach der Auftaktdebatte im Plenarsaal vor zwei Wochen: die Anhörung von Fachleuten im zuständigen Ausschuss für Arbeit und Soziales.

Mit von der Partie beim Showdown im Saal E.200 des Paul-Löbe-Hauses unter anderem: Der „Wirtschaftsweise“ Martin Werding, der angesehene Rentenökonom Axel Börsch-Supan, Vertreter des Bundesrechnungshofs und der Deutschen Rentenversicherung (DRV), Alexander Gunkel von der Arbeitgebervereinigung BDA sowie Ingo Schäfer, Altersvorsorge-Experte beim Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB). Sie alle bekamen kurz Zeit für ein Statement, hatten aber auch schon vorher die Möglichkeit, schriftliche Stellungnahmen abzugeben, die sich in Teilen verheerend lesen.

Ein Großteil der geäußerten Kritik richtet sich dagegen, dass durch die Rentenpläne der Ampel absehbar die Rentenbeiträge der Arbeitnehmer deutlich steigen sollen. Damit das Rentenniveau für die wachsende Zahl der Alten bis 2040 auf dem derzeitigen Level von 48 Prozent des Durchschnittslohns bleibt, müssen die Jungen künftig mehr vom Brutto an die Rentenversicherung überweisen. Der Beitragssatz, den sich Arbeitgeber und Arbeitnehmer hälftig teilen, soll von derzeit 18,6 Prozent auf zunächst 20 Prozent im Jahr 2028 steigen und dann ab 2035 bei 22,3 Prozent liegen.

Der beitragsdämpfende Effekt des geplanten Generationenkapitals ist dabei schon berücksichtigt: Ab Mitte der 2030er-Jahre sollen die Erträge des zunächst rund 12 Milliarden Euro umfassenden Investments am Kapitalmarkt einen weiteren Anstieg der Beiträge zumindest bremsen – ein Vorhaben, das zumindest in Teilen an die FDP-Idee einer kapitalgedeckten Aktienrente erinnert.

Ökonom Martin Werding: Der „Wirtschaftsweise“ hält nur wenig vom Rentenpaket der Bundesregierung. (Quelle: Bernd von Jutrczenka/dpa)

Letzteres sei zwar gut, erklärte der Ökonom Martin Werding, aber: Die Regierung kündige mit der Reform dennoch die bisherige Lastenverteilung zwischen den Generationen auf. Konsequenz sei eine „einseitige Belastung jüngerer Versicherter“. Grob ließe sich sagen: Wer heute 47 Jahre und älter ist, profitiere von der Reform – wer 46 oder jünger ist, werde benachteiligt.

Zudem könne der Anstieg der Sozialabgaben dazu führen, dass entweder die Nettolöhne nicht mehr im gewohnten Maße wüchsen oder die Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands sinke. Seine Warnung in der schriftlichen Stellungnahme: „In beiden Fällen gefährdet dies aber Beschäftigung und Wachstumsmöglichkeiten in Deutschland.“

Auch die Bundesvereinigung Deutscher Arbeitgeber (BDA) wählte in ihrer Stellungnahme harte Worte für das Rentenpaket. „Das geplante Rentenpaket II wäre das teuerste Sozialgesetz dieses Jahrhunderts“, heißt es dort. In den nächsten 20 Jahren würden sich die Zusatzausgaben für die gesetzliche Rente auf eine halbe Billion Euro belaufen – ein Punkt, den sowohl der Rechnungshof als auch der Rentenexperte Börsch-Supan kritisierten. Letzterer sagte in der Sitzung: „Langfristig wird das kaum finanzierbar sein.“

Die Deutsche Rentenversicherung, im Tonfall zwar insgesamt etwas milder, sieht am Rentenpaket ebenfalls einiges kritisch. Vor allem mit Blick auf das Generationenkapital moniert sie: Das Ziel, durch die Kapitaldeckung den Anstieg der Rentenbeiträge zu dämpfen, sei „äußerst ambitioniert und lässt gerade langfristig auch Fragen offen“.

Eine dieser Fragen betreffe etwa die Ausschüttungen aus dem Generationenkapital an die DRV: „Eine Garantie für die Zuführungen in der geplanten Höhe sieht der Entwurf nicht vor, sodass im Ergebnis die Beitragszahlenden und in geringerem Ausmaß der Bund das Risiko tragen würden, wenn die Nettoerträge in der geplanten Höhe ausblieben.“

Positiv betrachteten derweil Fachleute das Rentenpaket, die unter anderem von der SPD eingeladen wurden, etwa Ingo Schäfer vom DGB. Der Zuschuss des Staates an die Rentenkasse sei seit dem Jahr 2000 gesunken, sagte er: „Wir müssen ein bisschen Dampf aus der Diskussion nehmen.“

VdK-Präsidentin Verena Bentele: Sie findet das Rentenpaket in seiner aktuellen Form gut. (Quelle: Dwi Anoraganingrum/imago-images-bilder)
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