Bei den Vorwahlen im US-Bundesstaat New Hampshire setzt der Ex-Präsident Donald Trump sich erneut durch. Jürgen Hardt, außenpolitischer Sprecher der Unionsfraktion, warnt davor, die Situation und ihre drohenden Folgen nicht ernst genug zu nehmen.

Die Politik ist voller Risiken, aber erst, wenn man sie unterschätzt, wird es kritisch. Hört man Ampelpolitikern zu, könnte man meinen, Trump sei eine Art Naturgewalt. Jedenfalls ein singuläres Ereignis, ein Rattenfänger, der polternd durch die USA zieht und steile politische Thesen vertritt, die aber mit realer US-Politik wenig zu schaffen haben.

Wie sagte Finanzminister Lindner vor wenigen Tagen in Davos: „Wir reden zu viel über Donald Trump.“ Haben wir so die Menschen in den USA richtig verstanden?

Trumps Erfolg begründet sich nicht allein in der ihm eigenen Art, sondern auch im Gefühl vieler Amerikaner, durch die bisherige Politik Washingtons von links wie rechts nicht vertreten zu sein. Sie sehen in Trump, selbst wenn sie nicht alle seine politischen Positionen teilen, den eisernen Besen, der in den etablierten Strukturen einmal richtig aufräumt. Gegen diese Zuschreibung an Trump, die er in seiner Amtszeit als Präsident eher noch untermauert hat, können pragmatische Macher des republikanischen Lagers kaum ankommen.

New Hampshire bestätigt den Pro-Trump-Trend

Die Vorwahlen der Republikaner in New Hampshire haben einen Trend bestätigt, dem sich schon Ron DeSantis beugen musste: Ex-Präsident Trump wird das parteiinterne Rennen vermutlich machen. Sein persönliches Charisma und sein geschickter Wahlkampf werden aller Voraussicht nach über die Kompetenz von Nikki Haley triumphieren. Seine Fähigkeit, auch bei größtem Druck stoisch bestimmte Sichtweisen zu vertreten, bis sie irgendwann beim Wähler verfangen, wird diesseits des Atlantiks belächelt. Wir neigen dazu, weder ihn noch seine Wähler ernst zu nehmen.

Trump steht aber für eine breite politische Strömung, die die USA von anderen Mächten, darunter die EU und besonders Deutschland, ausgesaugt und um die Früchte ihrer Arbeit gebracht sieht. Diese Wähler sehen einen Existenzkampf mit China, in dem niemand den USA zur Seite steht. Jede davon ablenkende Entwicklung wird als Nebensache abgetan, etwa der Kampf der Ukraine gegen die russische Invasion, ja sogar der Kampf Israels um sein Existenzrecht und die globalen Anstrengungen gegen den Klimawandel. Das ist zwar falsch, denn eine Niederlage Russlands gegen die Ukraine wäre für Peking aus vielerlei Gründen eine strategische Lehre.

Jürgen Hardt: Der außenpolitische Sprecher der Union traut dem neuen US-Botschafter nicht ganz über den Weg. (Quelle: Kay Nietfeld/dpa-bilder)

Über den Autor

Jürgen Hardt ist außenpolitischer Sprecher der CDU/CSU- Bundestagsfraktion. Seit 2009 ist er Mitglied des Deutschen Bundestages. Von 2014 bis 2018 war er transatlantischer Koordinator der Bundesregierung.

Doch „MAGA“ und „America first“ triumphieren über die Vernunft in strategischen Fragen. Nur langsam beginnen die weniger träumerischen Teile der Ampel damit, auf die Entwicklungen in den USA zu reagieren. Leider schaffen sie dabei nur die Analyse, nicht die Schlussfolgerungen. Was haben wir eigentlich in den drei Jahren Amtszeit Joe Bidens getan, um mit und für ihn den Beweis anzutreten, dass transatlantische Kooperation auch für Amerika erfolgreicher ist als der Konfrontationskurs, den Trump gepflegt hat?

Sind wir ausreichend auf einen potenziellen Wahlsieg von Trump vorbereitet?

Zu Verteidigungsausgaben entsprechend unserer Zusage aus 2014 – Stichwort zwei Prozent – waren wir erst unter dem Eindruck des Angriffs Russlands auf die Ukraine bereit. Gespräche über mehr Freihandel haben wir sang- und klanglos beerdigt. Und um eine koordinierte China-Strategie, die amerikanische, europäische und deutsche Interessen gleichermaßen widerspiegelt, hat sich die deutsche Regierung erst gar nicht bemüht.

Die Bundesregierung tut so, als wären die massive US-Unterstützung für die Ukraine, der maßgebliche Einsatz der USA im Nahen Osten, der US-amerikanische atomare Schutzschild für Europa und der liberalisierte globale Handel naturgegeben. Dabei stellt sich angesichts des Zustands Amerikas mit seinen hohen Staatsschulden und der Unzufriedenheit der Amerikaner mit der internationalen Aufgabenteilung die ernsthafte Frage, ob die USA – mit oder ohne Trump – willens und in der Lage sind, ihre starke Rolle auch in Zukunft zu spielen.

Über strategische Autonomie wurde schon viel geschrieben, und das meiste davon ist richtig: Europa muss endlich mehr eigene Fähigkeiten erwerben – aber nicht um die USA zu ersetzen, sondern um sie zu entlasten und gleichzeitig mehr Augenhöhe in strategischen Fragen zu gewinnen. Wir müssen gegenüber den USA unseren Wert als Verbündeter beweisen.

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