Das Sicherheitsniveau deutscher Freizeitparks gilt als vorbildlich. Trotzdem muss es hinterfragt werden, fordert TÜV-Verbandschef Joachim Bühler.

Deutsche Freizeitparks und Volksfeste unterliegen strengen Sicherheitsstandards und gelten als sicher. Dass es aber immer ein Restrisiko für technische Defekte, Brände oder Unfälle gibt, zeigt nun ein schrecklicher Vorfall beim Aufbau des Münchner Oktoberfests. Ein 20 Jahre alter Mann wurde am Montag, fünf Tage vor dem Start der Wiesn, bei der Testfahrt des „Olympia Fünfer-Looping“ von einer Gondel getroffen und verstarb – viele Menschen fragen sich: Wie sicher sind unsere Freizeitparks wirklich?

„Das hohe Sicherheitsniveau von Freizeitparks und ihren Fahrgeschäften in Deutschland gilt international als vorbildlich“, sagt Joachim Bühler, Geschäftsführer des TÜV-Verbands Deutschland im Gespräch mit t-online.

Ein Grund dafür sind die regelmäßigen Kontrollen der riesigen Maschinen, die einmal pro Jahr vor dem Saisonstart von externen Prüfern wie dem TÜV auf Sicherheitsmängel und Verschleiß untersucht werden.

„Trotzdem muss das bestehende Sicherheitssystem immer wieder hinterfragt und an den Stand der Technik angepasst werden“, fordert Bühler. So habe der TÜV-Verband angesichts der Häufung schwerer Unfälle in jüngster Zeit angeregt, die Vorfälle zu analysieren und hat erste Verbesserungsvorschläge ausgearbeitet.

Bühler: „Neben einer besseren Ausbildung und Qualifizierung des Personals an den Fahrgeschäften müssen auch die Kontrolldichte erhöht und bestehende Anlagen an die Normenreihe DIN EN 13814 angepasst werden.“

Das deutsche Baurecht und die internationale Norm EN 13814 beschreiben die sicherheitsrelevanten Anforderungen an Planung, Bau, Betrieb und Prüfung von Fahrgeschäften. Das betrifft auch wiederkehrende Prüfungen durch unabhängige Sachverständige in Intervallen von ein bis drei Jahren – abhängig von der Größe, Komplexität und Dynamik des Fahrgeschäfts.

Fahrgeschäfte unterliegen in Deutschland einer gesetzlichen Prüf- und Genehmigungspflicht. „Achterbahnen, Riesenräder oder Karussells, die in Freizeitparks dauerhaft errichtet sind, müssen einmal pro Jahr von einer unabhängigen Stelle geprüft werden und sind als Sonderbauten in der Musterbauordnung und in den jeweiligen Bauordnungen der Bundesländer geregelt“, erklärt Bühler.

Bei Fliegenden Bauten, also Fahrgeschäften auf Jahrmärkten, die nicht dauerhaft errichtet sind und wiederholt aufgestellt und abgebaut werden, muss nach jedem Aufbau des Fahrgeschäftes zusätzlich vor Ort eine Gebrauchsabnahme erfolgen.

Diese Gebrauchsabnahme wird laut Bühler von der zuständigen Bauaufsicht durchgeführt oder sie veranlasst eine Durchführung, die dann von Prüfämtern oder anerkannten Prüfstellen wie dem TÜV vorgenommen wird.

Als Grundlage für diese Kontrollen dient ein genormter Prüfkatalog. Es werden unter anderem nach Materialermüdung oder Rostspuren gesucht, außerdem werden sicherheitsrelevante Bauteile geprüft und bei Testfahrten gemessen, wie die Kräfte auf den menschlichen Körper wirken.

Achterbahn: Wie sicher sind die Geräte wirklich? (Quelle: Anadolu Agency)

Stellen die Experten einen sicherheitsrelevanten Mangel fest, muss der Betreiber den Betrieb der technischen Anlage stoppen und den Mangel beheben.

Im Fall des Oktoberfestunfalls muss man vorwegschicken, dass sich der junge Mann während der Probefahrt auf der Strecke befand. Warum und bei wem hier der Fehler lag, muss noch geklärt werden.

Wird irgendwo in Deutschland ein Fest mit Fahrgeschäften errichtet, sind externe Gutachter im Einsatz, aber auch die Betreiber der Anlagen sind dafür verantwortlich, ständig eigene Checks vorzunehmen.

Heißt: Bevor Karusells öffnen, machen die Mitarbeiter Probeläufe. Gibt es ein Verletzungsrisiko auf einer Rutsche? Schließen Gurte nicht zuverlässig oder funktionieren Abläufe nicht reibungslos? Dann wird das entsprechende Gerät gesperrt, bis die Reparatur erfolgt ist und alles einwandfrei läuft, berichtet Theo Michael Zwermann, Geschäftsführer des Erlebnisparks Steinau in Hessen in der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“.

In den meisten deutschen Freizeitparks gibt es zusätzlich zum technischen Personal auch sogenannte Parkaufsichten. Sie begehen den Park und schauen beispielsweise nach den Zäunen, Toren und Pfosten. Kein Parkbetreiber kann es sich leisten, dass jemand ungewollt eindringen und sich an den Anlagen zu schaffen machen kann.

Wer sich also beim nächsten Spaßpark-Besuch über eine geschlossene Attraktion ärgert, sollte seine Gefühle überdenken. Ein gesperrtes Gerät ist eine Sicherheitsmaßnahme.

Eigene Werksfeuerwehr und Brandschutzübungen

Und was, wenn es zu einem Zwischenfall kommt? „Das Notfallmanagement liegt in der Verantwortung der Betreiber“, erklärt TÜV-Verbandschef Bühler. Auch dieses Management werde regelmäßig überprüft.

So schulen die meisten Parks ihre Mitarbeiter in Sicherheitslehrgängen und führen einmal jährlich eine Brandschutzübung durch, bei der Abläufe geprobt und optimiert werden. Und natürlich müssen Küchen, Türen und öffentliche Räume die Brand- und Rauchschutzauflagen erfüllen.

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