Nach Angriffen auf Politiker gibt es bei Lanz Kritik an der Justiz. Carlo Masala berichtet von Morddrohungen. Ein AfD-Politiker hinterfragt den Verfassungsschutz.

Brutale Angriffe auf Politiker wie zuletzt in Dresden sind nach Ansicht des Politologen Herfried Münkler ultimative Warnsignale für die Demokratie. Er sagte am Dienstagabend bei „Lanz“, Attacken wie auf den SPD-Europaabgeordneten Matthias Ecke seien keine Einzelfälle mehr. Er sah eine Entwicklung, welche die Demokratie grundsätzlich infrage stellt und zog Parallelen zum Ende der Weimarer Republik. Auch dieses Mal drohe die Justiz zu versagen.

  • Rüdiger Lucassen (AfD), Verteidigungspolitiker
  • Carlo Masala, Militärexperte, Universität der Bundeswehr München
  • Antonie Rietzschel, Journalistin „Leipziger Volkszeitung“
  • Herfried Münkler, Politologe

Münkler, der bis 2018 an der Humboldt-Universität zu Berlin lehrte, erhob schwere Vorwürfe gegen die Dresdner Strafverfolgungsbehörden. Es habe ihn „betroffen“ gemacht, dass die mutmaßlichen Angreifer von Eckes auf freien Fuß gesetzt wurden, sagte der Politologe bei „Lanz“. Offenbar werde die Abschreckung von Straftaten gegen Bürger, die sich für die Demokratie einsetzten, „nicht wirklich ernst genommen“.

Lanz: Demokratie in Gefahr?

Antonie Rietzschel von der „Leipziger Volkszeitung“ warf an dieser Stelle bei „Markus Lanz“ ein: Bei den mutmaßlichen Tätern im Alter von 17 und 18 Jahren gebe es nun einmal keine Flucht- und keine Verdunkelungsgefahr und somit keinen Haftgrund. Sie sah in dem Angriff keine Zäsur. Vielmehr seien Politiker in den vergangenen Jahren immer häufiger Opfer von Gewalt geworden.

„Nur Politiker?“, wollte Lanz von Carlo Masala wissen. „Ich werde bedroht, regelmäßig. Ich habe auch Vorträge unter Polizeischutz gehalten“, sagte der Professor der Universität der Bundeswehr München, der seit dem Angriffskrieg Russland öffentlich mehr militärische Hilfe für die Ukraine einfordert.

„Ab zwei Uhr morgens ist meine Mail-Inbox voll von solchen Drohungen“, schilderte Masala die Lage nach Auftritten etwa bei Lanz. Das reiche von verbalen Entgleisungen bis hin zu Morddrohungen.

„Hat die AfD Anteil an dieser Verrohung?“, wollte Lanz von Rüdiger Lucassen (AfD) wissen. „Unsere Partei macht diese Demokratie nicht verächtlich“, erwiderte der verteidigungspolitische Sprecher der AfD-Bundestagsfraktion. Er beklagte ebenfalls eine zunehmende Gewalt. Seine Frau und er hätten sogar aus Angst um ihre Tiere ihr Haus in der Eifel verkauft, nachdem es unter anderem „Nazi“-Schriftzüge an der Hauswand gegeben habe.

AfD-Politiker bei Lanz

„Ich will nicht von Anarchie sprechen“, sagte der Oberst a. D., Mitglied des Verteidigungsausschusses. Aber vieles sei aus den Fugen geraten und werde nun auch mit physischer Gewalt auf der Straße ausgetragen. Ziel seien dabei häufig Politiker seiner Partei.

Bei der Frage, wie wirksam Justiz und Polizei die Demokratie und deren Vertreter schützen, waren Lucassen und Münkler unterschiedlicher Ansicht. Der Politologe warf dem Bundesverfassungsgericht vor, den Zeitpunkt für ein AfD-Verbot verpasst zu haben. Mittlerweile sei die Partei zu groß, um sie verbieten zu können.

Das Vertrauen in eine Justiz, „die gewissermaßen die politische Mitte hält – dieses Vertrauen ist unbegründet“, sagte Münkler. Und auch die „Dresdner Justiz, die ja die Schläger schon wieder freigelassen hat“, sei wenig hilfreich.

Lucassen sagte hingegen, er glaube noch daran, dass die Gewaltenteilung in Deutschland funktioniert. So sei ein AfD-Verbotsantrag bislang nicht eingereicht worden, weil klar sei, dass der keine Aussicht auf Erfolg hätte.

Aber nicht von ungefähr seien drei Landesverbände der AfD sowie deren Jugendorganisation vom Verfassungsschutz als gesichert rechtsextrem eingestuft, warf Masala ein. Das werde von Teilen der AfD mit dem „Demokratie delegitimierenden“ Argument weggewischt, der Verfassungsschutz sei ja bloß Anhängsel des Innenministeriums. „Ist er es nicht?“, erwiderte Lucassen.

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