„In der Folge wurde über den im Krisenstab festgelegten Bedarf hinaus beschafft“, hält der Bericht fest. Als sich „Worst-Case-Betrachtungen“ bewahrheitet hätten, sei im Bund vorhandene Expertise weiter nicht geholt, sondern weiter auf externe Berater und Kanzleien vertraut worden. Dies verursacht wohl bis heute Schwierigkeiten bei der Prozessführung in zahlreichen Rechtsstreitigkeiten mit Lieferanten, die nicht bezahlt wurden.
Im März 2020 gab es nach Einschätzung der Bundesregierung eine „besorgniserregende“ Entwicklung, was die Versorgung mit Corona-Schutzausstattung angeht. Der damalige Gesundheitsminister Jens Spahn entschied sich zu diesem Zeitpunkt – über die Direktbeschaffung hinaus –, zusätzlich ein sogenanntes Open-House-Verfahren ins Leben zu rufen. Dieses Verfahren unterscheidet sich von den üblichen Vorgehensweisen, weil es kein Ausschreibungsverfahren gibt. Jeder Anbieter, der, in dem damaligen Fall, Masken liefern kann, bekommt den Zuschlag und auch einen gesicherten Preis für die Masken.
Der CDU-Politiker hatte 2020 zu Beginn der Pandemie Lieferanten eine unbegrenzte Abnahme von Masken zu einem Preis von 4,50 Euro pro FFP2-Maske garantiert. Dieses sogenannte Open-House-Verfahren führte „zu einer Angebotsschwemme“, heißt es im Sudhof-Bericht. Zum anderen entsprach der Preis von 4,50 Euro nicht dem damaligen Marktpreis. Aus dem Bericht geht hervor, dass der „Durchschnittspreis für FFP2 durchschnittlich 2,83 (netto)“ betrug. Die Fachebene im Ministerium wollte den Ländern einen „Abgabepreis von 2,50 EUR (netto)“ anbieten. Auch 2,90 Euro seien im Gespräch gewesen, weil dieser „überdurchschnittliche Stückpreis attraktiv sein müsste.“
Doch es kam alles anders. In einem Gespräch mit dem Abteilungsleiter im Bundesgesundheitsministerium entschied sich Spahn für einen deutlich höheren Preis. So schreibt der Abteilungsleiter: „Guten Morgen, nach Entscheidung des Ministers jetzt bitte wie folgt finalisieren: 4,50 EUR (netto) und bis zum 30.04.2020.“ Spahn hob den Preis also eigenmächtig um mehr als die Hälfte an.
Außerdem bestand ein großes Problem in der Vertragsgestaltung des Open-House-Verfahrens. So wurde die Versendung der Vertragsunterlagen zunächst gestoppt. Grund laut Sudhof-Bericht ist, dass „die Vertragsunterlagen derart ausgestaltet sind, dass vor Ablieferung der Ware keine Qualitätsüberprüfung stattfindet“. Es mussten theoretisch auch minderwertige Masken abgenommen werden.