Was stimmt – und was nicht?

Forscher räumen mit E-Auto-Mythen auf


27.05.2025 – 08:19 UhrLesedauer: 5 Min.

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E-Auto-Batterien: Unregelmäßiges Laden könnte sie robuster machen, statt sie zu schädigen. (Quelle: IMAGO/LB Studios)

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Sind E-Autos wirklich umweltfreundlich, günstig und alltagstauglich? Eine neue Analyse des Fraunhofer-Instituts liefert klare Antworten.

Die Elektromobilität ist im Straßenverkehr angekommen. Auf vielen Parkplätzen stehen inzwischen Ladesäulen, zahlreiche Hersteller haben ihre Modellpaletten um batterieelektrische Fahrzeuge erweitert. Trotzdem ist der große Durchbruch vor allem auf dem privaten Markt bislang ausgeblieben; im gewerblichen Sektor (vor allem Dienstwagen) sind die Zahlen besser. Zwar wächst der Bestand an E-Autos – weltweit und auch in Deutschland. Doch das Vertrauen in Technik, Alltagstauglichkeit und Wirtschaftlichkeit scheint noch nicht mitgewachsen zu sein.

Ungeachtet dieser Zurückhaltung ist der politische Fahrplan eindeutig: Deutschland will bis 2045 treibhausgasneutral sein. Ohne eine weitreichende Elektrifizierung des Pkw-Verkehrs ist dieses Ziel laut landläufiger Meinung nicht zu erreichen. Das zeigen nicht nur Strategiepapiere aus Berlin oder Brüssel, sondern auch die Emissionsdaten der vergangenen Jahre.

Forschende des Fraunhofer-Instituts für System- und Innovationsforschung (ISI) haben sich deshalb die aktuellen Fakten zur Elektromobilität vorgenommen. In einer umfassenden Analyse haben sie sich mit aktuellen Studien beschäftigt und sich mit 14 Kernfragen beschäftigt.

Nach Jahren des Wachstums gingen 2024 die Neuzulassungen von E-Autos in Deutschland spürbar zurück – ein Minus von rund 26 Prozent bei den reinen Stromern. Der Rückgang fiel mit dem abrupten Ende staatlicher Kaufprämien zusammen. Auch hohe Strompreise, Debatten um die Ladeinfrastruktur und wirtschaftliche Unsicherheit haben ihren Anteil daran. Allerdings zeigt sich Umfragen zufolge, dass E-Autos – primär gebrauchte – immer mehr an Zuspruch gewinnen.

Global betrachtet setzt sich der Trend fort: In China erreichte der E-Anteil an Neuwagen fast 45 Prozent, weltweit sind es knapp 20 Prozent – Tendenz steigend. Der weltweite Neuwagen-Anteil von E-Pkw dürfte bei Beibehaltung der Klimaschutzanstrengungen bis 2030 auf 40 Prozent und im Jahr 2035 auf mehr als 50 Prozent anwachsen, so die Autoren.

Elektroautos sind in der Anschaffung nach wie vor oft teurer als vergleichbare Verbrenner – zumindest wenn man nur den Kaufpreis betrachtet. Doch auf die gesamte Haltedauer gerechnet, schneiden viele E-Autos günstiger ab. Der Grund: geringere Energie- und Wartungskosten. Hinzu kommen Einsparpotenziale durch das sogenannte gesteuerte oder bidirektionale Laden, also etwa die Rückspeisung von Strom ins Netz. Wobei es hier auch auf den Einzelfall ankommt, unter anderem das Fahrverhalten oder die Ladesituation, wie der ADAC ermittelt hat.

Industrieroboter arbeiten an einem Porsche Macan: Vor allem die Batterieproduktion schlägt sich auf die Umweltbilanz nieder. (Quelle: Jan Woitas/dpa/dpa-bilder)

Ein häufiges Argument gegen E-Autos: die energieintensive Produktion, insbesondere der Batterien. Tatsächlich verursacht die Herstellung eines Stromers mehr CO2 als die eines Verbrenners. Doch dieser Nachteil wird den Forschern zufolge im Betrieb schnell ausgeglichen – sofern mit Strom aus überwiegend erneuerbaren Quellen geladen wird.

Für ein typisches Mittelklasse-E-Auto ergibt sich laut Fraunhofer ISI über die gesamte Lebensdauer ein Emissionsvorteil von 40 bis 50 Prozent gegenüber Benzinern oder Dieselfahrzeugen. Wird die Batterie nachgenutzt oder recycelt, verbessert sich die Bilanz zusätzlich. Allerdings: Auch E-Autos sind keine „Null-Emission“-Lösung – etwa beim Thema Feinstaub oder Rohstoffabbau bestehen weiterhin Umweltfolgen.

Wenn es um Umweltbelastungen abseits von Abgasen geht, schneiden Elektroautos teils etwas schlechter ab. In einigen Bereichen liegen sie dabei hinter Verbrennern. Einer davon ist Feinstaub. Der Reifenabrieb ist hier die entscheidende Größe. Und dabei ist das höhere Gewicht der Stromer ein Nachteil. Allerdings gebe es Entwicklungen in der Reifentechnologie, die hier helfen könnten, schreiben die Autoren.

Moderne Stromer schaffen heute im Schnitt 400 Kilometer mit einer Akkuladung – genug für den Alltag der meisten Nutzer. Auch die Ladezeiten haben sich mit einer wachsenden Zahl an Schnellladesäulen reduziert. Dennoch hält sich die Sorge, man könnte „liegenbleiben“ – die sogenannte „Reichweitenangst“ steckt immer noch in den Köpfen. Das hängt den Experten zufolge weniger mit der Technik als mit der subjektiven Wahrnehmung zusammen.

Zwar kündigen einige Hersteller Reichweiten von 1.000 Kilometern an, doch das ist teuer erkauft: Mehr Batterie bedeutet mehr Gewicht, höhere Kosten und einen größeren Ressourcenverbrauch. Deshalb plädieren viele Expertinnen und Experten für kleinere Akkus – und ein besseres Ladesystem.

Batteriezellen im E-Auto (Quelle: BMW AG/dpa)

Eine aktuelle Untersuchung der Unternehmensberatung P3, die sich auf Elektromobilität spezialisiert hat, bringt nun neue Erkenntnisse zur Lebensdauer von Elektroauto-Batterien ans Licht: Sie sind deutlich haltbarer als bisher gedacht. Die Studie basiert auf realen Daten von über 7.000 Fahrzeugen.

Altbatterien gelten oft als Umweltproblem – und potenzielle Rohstoffquelle zugleich. Tatsächlich zeigen neue Studien: Bis 2035 könnten bis zu 30 Prozent des Bedarfs an Lithium, Nickel und Kobalt durch Recycling gedeckt werden. Voraussetzung: Der Aufbau entsprechender Kapazitäten gelingt.

Außerdem arbeiten Industrie und Forschung an „Second Life“-Konzepten – etwa für die Nutzung gebrauchter Fahrzeugbatterien in stationären Stromspeichern, so die Forscher. Der ökologische Fußabdruck lässt sich dadurch deutlich verringern.

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