Jährlich erleiden über 300.000 Deutsche einen Herzinfarkt. Drei von vier überleben – und bleiben oft mit Ängsten zurück. Wie Angehörige helfen können.

Die Zeit nach einem Herzinfarkt ist für Betroffene oft schwer. Das lebensbedrohliche Ereignis prägt. Unsicherheiten und Ängste begleiten fortan den Alltag: Ist mein Leben immer noch in Gefahr? Worauf muss ich jetzt achten? Angehörige können eine wertvolle Unterstützung sein. Wie sie helfen können.

Angaben der Deutschen Herzstiftung e. V. zufolge erleiden in Deutschland jedes Jahr über 300.000 Menschen einen Herzinfarkt. Ein Herzinfarkt ist durch ein verstopftes Herzkranzgefäß verursacht. Infolge der Minderdurchblutung und des Sauerstoffmangels drohen Teile des Herzmuskels abzusterben. Es besteht Lebensgefahr. Schnelle Hilfe ist wichtig. Die drei bedeutendsten Symptome sind Brustschmerzen, Atemnot und Übelkeit.

„In den meisten Fällen geht dem Herzinfarkt eine mehrjährige Koronare Herzkrankheit voraus. Diese entsteht durch Ablagerungen, teilweise mit Verkalkung, in der Wand der Herzkranzgefäße, Arteriosklerose genannt, welche die Adern zunehmend verengt“, erklärt Professor Axel Schmermund, Kardiologe am Cardiolangiologischen Centrum Bethanien (CCB) in Frankfurt am Main und Mitglied im Wissenschaftlichen Beirat der Deutschen Herzstiftung e. V.

Nicht nur der Herzinfarkt selbst löst (Todes-)Angst aus. Auch nach dem Notfall haben viele Betroffene Ängste und können das lebensgefährliche Ereignis nicht ohne Weiteres bewältigen. Hilflosigkeit, Unsicherheit und die Angst vor einem erneuten Infarkt prägen den Alltag vieler Betroffener. Wie die Betroffenen mit dieser Erfahrung umgehen, ist ganz unterschiedlich und immer auch von der Schwere und den gesundheitlichen Einschränkungen infolge des Infarkts abhängig.

Angehörige sind nach dem Herzinfarkt eine wertvolle Unterstützung. Mit ihnen kann der Betroffene über das Erlebte sprechen. Das hilft ihm bei der Einordnung und Verarbeitung. Begleitung und Anteilnahme schenken dem Betroffenen zudem ein Gefühl von Sicherheit und machen ihm Mut. Er weiß: Er ist nicht allein.

„Bemerken Angehörige, dass seit dem Erleben des Herzinfarkts anhaltend starke Ängste bestehen, oder zeigen sich Symptome einer Depression, ist eine Psychotherapie empfehlenswert. Dann können Angehörige darin bestärken, professionelle Hilfe in Anspruch zu nehmen“, rät Schmermund. „Eine Depression ist keine seltene Folge eines Herzinfarkts. Wer sich auch nach mehreren Monaten nach der Reha schwertut, in seinen Alltag zurückzufinden, sollte aufmerksam werden.“

(Quelle: Cardiolangiologischen Centrum Bethanien (CCB))

Professor Dr. med. Axel Schmermund ist Kardiologe am Cardiolangiologischen Centrum Bethanien (CCB) in Frankfurt am Main und Mitglied im Wissenschaftlichen Beirat der Deutschen Herzstiftung e. V.

Auch bei Arztterminen können nahestehende Personen Unterstützung leisten. Viele Herzinfarkt-Betroffene fühlen sich mit einer Begleitung in der Arztpraxis wohler: Vier Ohren hören mehr als zwei. Und oft geht auch durch die Aufregung etwas vergessen. Gerade was Termine für Nachuntersuchungen oder die Einnahme von Medikamenten angeht, ist es in der Regel hilfreich, wenn auch die Angehörigen informiert sind. Kennen sie den Medikamentenplan, können sie einen zusätzlichen Blick auf die regelmäßige Einnahme haben.

„Besonders im ersten Jahr nach dem Herzinfarkt ist das Risiko erhöht, einen zweiten Infarkt zu erleiden. Eine medikamentöse Dauertherapie ist daher unverzichtbar“, sagt Schmermund. „Die Medikamente hemmen die Blutgerinnung, stabilisieren die Ablagerungen in den Gefäßen und helfen, einer weiteren Verengung vorzubeugen.“

Ebenso können Angehörige die betroffene Person dabei unterstützen, in einen gesunden Alltag zu finden. Um das Herz zu schützen, gehören Rauchstopp, eine gesunde Ernährung sowie regelmäßige Bewegung zur Vorbeugung dazu. Gemeinsam lässt sich eine Lebensumstellung leichter schaffen – und macht zudem mehr Spaß. Gemeinsam neue Rezepte ausprobieren, Spaziergänge genießen, einen Schwimmkurs besuchen und die Zigaretten und Aschenbecher entsorgen – all das gelingt gemeinsam besser und man bleibt am Ball.

Der Herzexperte empfiehlt, bereits die Zeit in der Rehabilitation für die Tabakentwöhnung zu nutzen. Nach der Rehabilitation können Raucherentwöhnungskurse eine Unterstützung sein. Die Krankenkassen haben entsprechende Angebote. „Welche sportlichen Aktivitäten nach dem Herzinfarkt möglich sind, ist abhängig von der Schwere des Infarkts und den körperlichen Folgen“, sagt Schmermund. „Der behandelnde Kardiologe oder die Kardiologin können beraten, welche Sportarten in welcher Intensität umsetzbar sind. Wer kann, sollte sportlich aktiv bleiben, um sein Herz zu stärken.“

Auch für die Angehörigen ist der Herzinfarkt meist ein Schock. Viele fühlen sich hilflos – oder machen sich gar Vorwürfe, Warnzeichen nicht frühzeitig erkannt oder mit dem Notruf zu lange gewartet zu haben. Jeder gibt in einer Notsituation sein Bestes und tut das, was er kann – basierend auf dem Wissen, das er hat. Um sich bei einem möglichen zukünftigen Notfall sicherer zu fühlen, kann es hilfreich sein, einen Erste-Hilfe-Kurs zu besuchen, um das Wissen beispielsweise über die Herzdruckmassage aufzufrischen. Auch ist es hilfreich, sich über Frühwarnzeichen zu informieren, um erste Anzeichen rasch erkennen und den Notarzt frühzeitig informieren zu können.

Share.
Exit mobile version