Am Set ist er der Filmstar, zu Hause der dreifache Vater. Mit t-online spricht Tom Schilling über ein achtsames Leben, eine bessere Welt und veraltete Klischees.
In „Eine Million Minuten“ spielte Tom Schilling Anfang des Jahres einen Familienvater, der zu wenig Zeit für seine Kinder aufbringt. Knapp zehn Monate später flimmert der Schauspieler mit der Netflix-Serie „Achtsam morden“ über die Bildschirme.
In der Krimikomödie mimt der 42-Jährige den Anwalt Björn Diemel, der mithilfe von Achtsamkeitstraining unangenehme Probleme einfach aus dem Weg räumt – und sich so mehr seiner Familie widmen kann.
Wieder spielt Tom Schilling also eine Figur, die zu wenig für Frau und Kind da ist. Ist das ein Klischee, mit dem Väter häufig zu kämpfen haben? t-online hat bei dem Filmstar und dreifachen Vater nachgefragt und mit ihm über Achtsamkeit und Klischees gesprochen.
t-online: Herr Schilling, was verstehen Sie unter Achtsamkeit?
Tom Schilling: Achtsam ist, wer versucht, alles wegzulassen, was wir in irgendwelche Dinge hineininterpretieren, die gar nicht da sind. Achtsame Menschen begegnen jedem nur mit größtem Wohlwollen. Lebten mehr Menschen achtsam, dann wäre die Welt ein besserer Ort.
Klingt gut, aber nicht so einfach. Sind Sie nach den Dreharbeiten zu „Achtsam morden“ selbst achtsamer geworden?
Nein, nicht wirklich. Man kann nicht von heute auf morgen ein achtsamer Mensch sein. Das sind immer Babysteps, kleine Aufgaben für den Tag. Aber zumindest fallen mir manchmal nun Situationen auf, in denen ich nicht achtsam war. Das ist ja auch schon mal was.
In welcher Situation zum Beispiel?
Wenn ich meine Kinder von der Schule abhole, sie mir etwas erzählen wollen und ich nur mit einem halben Ohr hinhöre. Oder ich bei einem Interview bin, und ich noch über das Interview von davor nachdenke.
Machen Sie das etwa gerade?
Nein, gerade bin ich komplett bei Ihnen.
Ich wünsche mir generell, achtsamer leben zu können. Mit Achtsamkeit geht es einem einfach viel besser. Denn man ist eine viel freundlichere und liebenswertere Person, wenn man mehr im Moment ist.
Wo im Alltag könnte man mit kleinen Schritten anfangen?
Im Straßenverkehr. Jedes Mal, wenn man sich aufregt, ist man gestresst. Aber warum nicht einfach mal freundlich winken, wenn uns jemand die Vorfahrt nimmt? Vielleicht würde das ja etwas in Gang setzen.
Toben Sie etwa beim Autofahren?
Null, wirklich nicht, aber meine Frau. Die schimpft und lässt richtig Dampf ab im Auto (lacht).
In der Serie „Achtsam morden“ spielen Sie einen Mann, der einen Mord vertuschen kann, weil er gelernt hat, achtsam zu sein. So gesehen ist Achtsamkeit damit nicht per se eine positive Kraft, oder?
Achtsamkeit kann ein sehr mächtiges Instrument sein. Aber es will doch hoffentlich keiner seinen Chef, seinen Mandanten oder seinen Arbeitskollegen umbringen, damit es einem selbst besser geht.
Na ja, mir fallen da schon ein paar Menschen ein, bei denen das so ist. Sie spielen in letzter Zeit häufiger Väter, die wenig Zeit für ihre Kinder haben, so auch in „Achtsam morden“. Ist das nur noch ein Klischee oder immer noch so?
Vielleicht ist es mittlerweile ein Klischee, dass Frauen mehr die Familie im Blick haben und sich für sie Zeit nehmen. In den letzten Jahren hat sich da sicherlich sehr viel gewandelt.
Mütter sind heute genauso berufstätig wie Väter. Man teilt sich die Arbeit einfach mehr und setzt nicht voraus, dass der eine irgendwie mehr arbeitet und der andere sich dafür mehr um die Kinder kümmert.