Widerstand in Deutschland
„Finger weg von Elon Musk“
Aktualisiert am 03.01.2025 – 06:36 UhrLesedauer: 6 Min.
Elon Musk nutzt seine Plattform, um demokratisch gewählte Politiker anzugreifen. In Deutschland werden Forderungen für die Regulierung von X lauter.
Elon Musk macht sich weiter für Rechtsradikale stark. Der neueste Aufreger: Musk sprach sich bei X für die Freilassung des britischen Rechtsradikalen Tommy Robinson aus. Gleichzeitig trat er in seinem Online-Netzwerk eine neue Hetzkampagne gegen die britische Labour-Regierung und Premierminister Keir Starmer los.
Musk warf Starmer vor, als früherer Chef der britischen Anklagebehörde Crown Prosecution Service (CPS) untätig im Kampf gegen kriminelle Ringe von Missbrauchstätern geblieben zu sein. Dutzende Männer, größtenteils mit pakistanischen Wurzeln, waren in dem Fall in Gerichtsprozessen verurteilt worden. Starmer, der die Behörde zwischen 2008 und 2013 leitete, hatte nach eigenen Angaben die Strafverfolgung des prominentesten Falls in Rochdale erst ins Rollen gebracht.
Der derzeit inhaftierte Robinson macht seit langer Zeit auf die Missbrauchsskandale in mehreren englischen Ortschaften und Städten aufmerksam. Er habe „die Wahrheit gesagt“, so Musk und sei deshalb in Haft. „Free Tommy Robinson!“, forderte der Tech-Milliardär. Er teilte auch Robinsons Account sowie weitere Beiträge, in denen der islamfeindliche Aktivist unter anderem als politischer Gefangener bezeichnet wird.
Robinson, der eigentlich Stephen Yaxley-Lennon heißt, war allerdings schon mehrfach im Visier der Strafverfolgungsbehörden. Unter anderem wurde er wegen Gewalt und Körperverletzung angeklagt. Er ist der bekannteste Rechtsextreme Großbritanniens und hat in der Vergangenheit zu migrantenfeindlichen Protesten in britischen Städten aufgerufen. Derzeit sitzt der 42-Jährige eine 18-monatige Haftstrafe wegen wiederholter Missachtung der Justiz ab: weil er trotz gerichtlicher Unterlassungsverfügung falsche Behauptungen über einen syrischen Geflüchteten verbreitete. Das Video ist weiterhin bei X verfügbar. Robinson hat auf der Plattform ein großes Publikum, ihm folgen über eine Million Menschen.
Selbst der rechtspopulistische Brexit-Vorkämpfer Nigel Farage, dessen Partei Reform UK von Musk gelobt wird, hatte sich in der Vergangenheit deutlich von Robinson distanziert und ihm Nähe zu gewalttätigen Kriminellen vorgeworfen.
In Großbritannien sind wegen Musks wiederholter Angriffe auf Medien und Politik nun Diskussionen entbrannt. In Deutschland regt sich ebenfalls zunehmend Widerstand. Denn der milliardenschwere Unternehmer setzt seinen Feldzug gegen demokratisch gewählte Politiker auch hierzulande unverfroren fort. Jüngst hatte er mit einem öffentlichen Wahlaufruf für die AfD Aufsehen hervorgerufen. Zudem bezeichnete er Kanzler Olaf Scholz als „Trottel“. Vor allem aber sein scharfer und persönlicher Angriff auf den Bundespräsidenten Frank-Walter Steinmeier, den Musk als „antidemokratischer Tyrann“ beschimpfte, löste im politischen Berlin parteiübergreifend Empörung aus.
Die Erste Parlamentarische Geschäftsführerin der SPD-Bundestagsfraktion, Katja Mast, sagte der „Süddeutschen Zeitung“: „Statt mit Anstand und Respekt zu handeln“, greife Musk „den Bundespräsidenten billig und respektlos an, seine Äußerungen spiegeln eine Missachtung demokratischer Werte wider“. Damit trete Musk „alle Umgangsformen unserer Demokratie mit Füßen“. Solche Aussagen seien „nicht nur unangemessen, sondern auch Hetze“. Die richtige Antwort darauf sei, „wählen zu gehen und ihm zu zeigen, dass nicht sein Geld, sondern die Menschen in unserem Land entscheiden“. Es sei gut, „dass die Bürgerinnen und Bürger in Deutschland das Sagen haben und nicht Tech-Milliardäre“.
Innenministerin Nancy Faeser (SPD) sagte der „SZ“, man sollte „einige Diskussionen auf der Plattform X nicht mit dem verwechseln, was die allermeisten Menschen in unserem Land wirklich beschäftigt“. Sie sei sich sicher, „dass die Äußerungen von Herrn Musk bei den allermeisten, die sich damit überhaupt beschäftigen, Kopfschütteln und Ablehnung hervorrufen“. Klar sei aber auch: „Wenn der Bundespräsident unseres demokratischen Staates als antidemokratischer Tyrann bezeichnet wird, dann ist das nicht nur grober Unsinn, sondern auch eine Diffamierung, die man sehr klar zurückweisen muss.“