Russland stemmt sich gegen den ersten Zahlungsausfall nach der Oktoberrevolution 1917. Doch das wird schwierig, nachdem das amerikanische Finanzministerium Gläubigern in der vergangenen Woche untersagt hat, Zinszahlungen und Tilgungen des russischen Staates anzunehmen. Der russische Finanzminister Anton Siluanow stellte am Montag in einem Interview mit der Zeitung „Wedomosti“ seinen Plan vor, wie ausländische Investoren weiterhin für ihre russischen Fremdwährungsanleihen bedient werden können. Dabei dient das Modell für Gaszahlungen als Vorbild. Dieses Modell ist Ende März in Kraft getreten.
„Wie laufen die Rubelzahlungen für Gas ab: Uns werden Devisen überwiesen und hier werden sie auf Anweisung in Rubel getauscht und so verrechnet. Der Verrechnungsmechanismus für Eurobonds funktioniert genauso, nur in umgekehrter Richtung“, sagte der russische Finanzminister in dem Interview. Demnach müssen die Inhaber von Fremdwährungsanleihen ein Konto bei einer russischen Bank eröffnen. Der russische Staat zahlt dann die fälligen Beträge in Rubel ein, die dann von dem Institut in Dollar oder Euro umgerechnet werden. Die Gläubiger erhalten dann ihre Zinsen oder Tilgungen in der Währung, in der die jeweilige Anleihe begeben worden ist.
Das Schema für Gaszahlungen geht in die andere Richtung: Hier müssen die Käufer aus den europäischen Ländern ein Konto bei der staatlichen Gasprombank eröffnen. Dort begleichen sie die Lieferungen in Euro, die von der Gasprombank in Rubel an den staatlichen Gaskonzern Gasprom weitergeleitet werden.
Kreml will westliche Zahlungssysteme umgehen
Den Worten von Siluanow zufolge dient das neue Modell für den Schuldendienst dazu, die westlichen Zahlungssysteme zu umgehen. Seit dem Überfall auf die Ukraine haben die westlichen Staaten im Finanzbereich umfangreiche Sanktionen verhängt mit dem Ziel, Russland an den internationalen Finanzmärkten so weit wie möglich zu isolieren. So wurden die Guthaben der russischen Zentralbank bei Notenbanken und Geschäftsbanken im Ausland eingefroren. Davon sind nach früheren Angaben Siluanows rund 300 Milliarden Dollar betroffen, etwa die Hälfte der russischen Devisenreserven. Zudem wurden russische Banken von dem internationalen Zahlungssystem Swift ausgeschlossen.
Die Vereinigten Staaten haben zuletzt die Schrauben enger gezogen. Mit dem Verbot für Gläubiger, Zahlungen des russischen Staats anzunehmen, rückt ein technischer Zahlungsausfall immer näher. Schon zuvor hatte das amerikanische Finanzministerium westlichen Korrespondenzbanken angeordnet, russische Zahlungen nicht mehr weiterzuleiten.
Moskau wieder im Verzug
Trotzdem gelang es dem Kreml Anfang Mai, fällige Zahlungen von 650 Millionen Dollar auf zwei Anleihen zu leisten. Zwar war Russland hier im Verzug, aber die Zahlung erfolgte noch vor Ablauf der 30-tägigen Frist nach dem ursprünglichen Zahlungstermin. Erst danach stellen Ratingagenturen den Zahlungsausfall fest. Auch nun befindet sich Moskau wieder im Verzug. Am Freitag hätten Zinskupons in Euro und Dollar in Höhe von insgesamt 100 Millionen Dollar gezahlt werden müssen. Doch bislang warten die Anleihegläubiger darauf.
Russland muss bis Ende des Jahres noch rund 1 Milliarde Dollar für seine Fremdwährungsanleihen zahlen. Am Markt werden die Titel nur noch zu einem Bruchteil des ursprünglichen Wertes gehandelt. Die beiden am Freitag nicht bedienten Titel notieren derzeit unter 20 Prozent des Nominalwertes (100 Prozent).