Hochsicherheitstrakt in Verden

Ex-RAF-Terroristin: „Welche Wahnsinnigen haben das zu verantworten?“

Aktualisiert am 28.05.2025 – 21:36 UhrLesedauer: 4 Min.

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Daniela Klette hat den neuen Gerichtssaal kritisiert. (Quelle: Sina Schuldt/dpa POOL/dpa/dpa-bilder)

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Aus einer Reithalle wird für mehrere Millionen Euro ein Hochsicherheitstrakt. Die Angeklagte findet dafür harte Worte.

Für den neuen Sitzungssaal in einer umgebauten Reithalle am Stadtrand von Verden findet die angeklagte frühere RAF-Terroristin Daniela Klette deutliche Worte. „Ich war schon auf einiges gefasst“, sagt sie am ersten Verhandlungstag in den neuen Räumlichkeiten. Doch diese Dimensionen habe sie sich nicht vorstellen können. „Welche Wahnsinnigen haben das zu verantworten?“

Das Landgericht Verden hatte das großzügige Gelände für rund 3,6 Millionen Euro gemietet und umbauen lassen. Die Kosten für den Umbau übernahm der Vermieter. Dass der Reithof eine neue Funktion hat, ist sichtbar. Sicherheitszäune, Stacheldraht und Sichtschutz sichern die Einfahrten, Kameras überwachen das Gelände, zahlreiche Polizisten und Polizistinnen sind vor Ort.

Im 800 Quadratmeter großen Gerichtssaal selbst erinnert einiges an den ursprünglichen Zweck des Gebäudes, etwa die Holzbande am Rand der Halle und die hohe Decke. Es rieche nach Reithalle, sagen Besucherinnen. Der Bereich für das Publikum und die Presse ist durch eine Wand mit großen Glasfenstern abgetrennt. Über Lautsprecher verfolgen sie, was die Prozessbeteiligten sagen.

Der Gerichtssaal in Verden vor Verhandlungsbeginn. Die Verhandlung gegen ehemalige RAF-Terroristin Klette findet erstmals in einer eigens umgebauten Reithalle in Verden statt.
Der Gerichtssaal in Verden vor Verhandlungsbeginn. Die Verhandlung gegen ehemalige RAF-Terroristin Klette findet erstmals in einer eigens umgebauten Reithalle in Verden statt. (Quelle: Sina Schuldt/dpa)

Die Angeklagte Klette sitzt mit ihren Anwälten an einem langen weißen Tisch. Zur Begrüßung von Bekannten winkt sie ins Publikum. Anders als bei den vorangegangenen Terminen im Staatsschutzsaal des Oberlandesgerichts Celle ist sie nicht durch eine Glaswand abgeschirmt.

Als zu Beginn der Verhandlung ein lauter Gong und der Hinweis „Bitte nehmen Sie Ihre Plätze ein“ ertönt, lacht Klette. Der Gong erinnert manche im Publikum an Schulunterricht oder an eine Durchsage im Bahnhof.

Die frühere RAF-Terroristin steht seit rund zwei Monaten wegen einer Serie von Überfällen auf Supermärkte und Geldtransporter vor Gericht. Die Staatsanwaltschaft wirft ihr versuchten Mord, unerlaubten Waffenbesitz sowie versuchten und vollendeten schweren Raub vor.

Gemeinsam mit ihren mutmaßlichen Komplizen Ernst-Volker Staub und Burkhard Garweg soll sie mehr als 2,7 Millionen Euro erbeutet haben. Klette wurde im Februar vergangenen Jahres in Berlin festgenommen, Staub und Garweg werden weiterhin gesucht.

Die Verteidigung beantragt an diesem Vormittag, dass die Verhandlung künftig in den Räumen des Landgerichts Verden geführt wird. Das Gericht sei zentral gelegen und besser erreichbar, argumentiert einer der Anwälte. Dort sei genug Platz für die Nebenklage, die Medien und das Publikum. „Dieser Saal ist komplett überdimensioniert“, kritisiert die Verteidigung. Das Gebäude trage zur Vorverurteilung bei und erwecke den Eindruck, dass von Klette eine konkrete Gefahr ausgehe.

Die Anklagebehörde sieht das anders. „Ich bin ein optimistischer Mensch“, sagt die Staatsanwältin. „Was ist, wenn ein zweiter Angeklagter dazu kommt?“, fragt sie mit Blick auf Klettes mutmaßliche Komplizen Staub und Garweg, nach denen gefahndet wird. Eine zweite, noch verlassene Anklagebank steht bereits im Raum.

Manche Anwohner sind unsicher, ob es richtig ist, so viel Geld für einen vorübergehenden Verhandlungsort zu zahlen. „Ich kenne Leute, die haben bei den Umbauarbeiten mitgemacht. Was da alles umgebaut wurde, ist schon eine Menge“, erzählt der 28-jährige Paul, der gerade mit seinem Hund spazieren geht. „Das hätte bestimmt auch günstiger gemacht werden können“, sagt er mit Blick auf die hohen Kosten. Er frage sich schon, ob Steuergelder verschwendet werden.

So ein großer Prozess bei ihm in der Nachbarschaft findet der Anwohner spannend. Dass die Polizei deshalb auch in der Nähe seiner Wohnung umherfährt, sei in Ordnung. „Es ist schon anders, aber ich mache mir eigentlich keine Sorgen“, sagt er. Die Umgestaltung des seit Jahren leerstehenden Geländes hat ihm zufolge auch Gutes. „Immerhin hat es jetzt einen Zweck.“

Andere Menschen aus der nahen Umgebung sind neugierig, welche Veränderungen der Prozess gegen eine der jahrelang meistgesuchten Frauen Deutschlands mit sich bringen wird. „Vielleicht profitiere ich da auch von“, überlegt Lieselotte Heemsoth, die mit ihrer Familie einen Landgasthof, eine Pension und einen Reitstall betreibt. Möglicherweise sei diese besondere Gerichtsverhandlung für manche Gäste eine zusätzliche Attraktion, erklärt sie.

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