Antidepressiva sind für viele Menschen unverzichtbar, um ihre psychischen Erkrankungen zu lindern. Sie können allerdings auch unerwünschte Effekte auslösen.

Nicht nur ein ungesunder Lebensstil kann dick machen, auch bestimmte Medikamente können zu einer Gewichtszunahme führen. Dazu zählen etwa Herz-Kreislauf-Medikamente wie Betablocker, Insulin oder bei längerer Anwendung auch Glukokortikoide – kurz Kortison.

Auch von Antidepressiva ist eine solche Nebenwirkung bereits bekannt. Die Medikamente werden vor allem zur Behandlung von Depressionen angewendet, aber auch bei Angst- und Zwangsstörungen, Panikattacken, Schlafstörungen, Essstörungen und chronischen Schmerzen verschrieben.

Doch das Ausmaß der Gewichtszunahme scheint stark davon abzuhängen, welches Antidepressivum eingenommen wird. Neueste Forschungsergebnisse aus den USA zeigen, bei welchen Mitteln das Risiko am größten ist.

Im Rahmen einer Beobachtungsstudie werteten Wissenschaftler des Harvard Pilgrim Health Care Institute Daten von mehr als 180.000 Personen (18 bis 80 Jahre alt) aus, die erstmalig Antidepressiva eingenommen hatten. Konkret handelte es sich um acht gängige Wirkstoffe:

Bei der Analyse wurde das Gewicht der Teilnehmer 6, 12 und 24 Monate nach Beginn der Behandlung verglichen. Dabei galt eine Gewichtszunahme von fünf Prozent oder mehr als gesundheitlich relevant.

Das Ergebnis: Alle eingesetzten Antidepressiva führten zu einer Gewichtszunahme von bis zu zwei Kilogramm nach zwei Jahren, doch fiel diese je nach Wirkstoff unterschiedlich groß aus. Das geringste Risiko für zusätzliche Kilos wies der Wirkstoff Bupropion auf. Im Vergleich zu Menschen, die das gängigere Antidepressivum Sertralin einnahmen, war das Risiko einer relevanten Gewichtszunahme für Bupropion-Anwender um 15 bis 20 Prozent geringer.

Bupropion und Sertralin basieren auf unterschiedlichen Wirkmechanismen: Bupropion erhöht den Spiegel der beiden psychisch aktiven Botenstoffe Dopamin und Noradrenalin. Dopamin verstärkt unter anderem den Antrieb, während Noradrenalin den Körper bei physischer und psychischer Belastung aktiviert. Sertralin hingegen gehört zur Klasse der Selektiven Serotonin-Wiederaufnahmehemmer (SSRI), die sehr viel häufiger verschrieben werden. Das Hormon Serotonin kann die Stimmung aufhellen und Ängste reduzieren.

Doch auch innerhalb derselben Wirkstoffklasse zeigten sich Unterschiede in der Auswirkung auf das Körpergewicht. So war in den ersten sechs Monaten der Einnahme das Risiko einer Gewichtszunahme bei Anwendern der beiden SSRI Escitalopram und Paroxetin jeweils um 15 Prozent höher als bei Sertralin. Im Vergleich zu Bupropion bedeutete dies sogar einen Unterschied von mindestens 30 Prozent.

Die Studie zeigt also deutlich: Nicht alle Antidepressiva sind in Bezug auf ihre Nebenwirkungen gleich. Bei der Wahl des richtigen Medikaments sollte deshalb immer eine individuelle Abwägung zwischen Wirksamkeit und Nebenwirkungen erfolgen. „Ärzte und Patienten können diese Informationen unter anderem nutzen, um die für sie richtige Wahl zu treffen“, so die Studienautoren.

Letztlich steht natürlich die Wirksamkeit an erster Stelle – das Antidepressivum soll schließlich dabei helfen, Depressionen und andere psychische Erkrankungen effektiv zu behandeln. Doch wie die Forscher berichten, könnten auch Nebenwirkungen wie eine Gewichtszunahme erheblichen Einfluss auf das Wohlbefinden der Patienten und damit auch auf den Therapieerfolg haben.

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