Nach hitziger Bundesratssitzung
Welche Auswirkungen die Krankenhausreform hat
Aktualisiert am 22.11.2024 – 17:06 UhrLesedauer: 3 Min.
Minister Lauterbach bringt sein Prestigeprojekt trotz des Bruchs der Ampelkoalition ins Ziel: Eine Neuaufstellung der Kliniken ist nach langem Gezerre beschlossene Sache. Doch was bedeutet das genau?
Nach fast zweijährigem Ringen um eine große Krankenhausreform hat Karl Lauterbach sein Prestigeprojekt durchgesetzt. Der Bundesrat ließ den Entwurf passieren, sodass das Gesetz am 1. Januar in Kraft tritt.
Dabei kam es im Vorfeld immer wieder zu hitzigen Diskussionen, die noch in der entscheidenden Bundesratssitzung andauerten. Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) entließ in der laufenden Sitzung die Gesundheitsministerin Ursula Nonnemacher (Grüne), bevor es zur Abstimmung kam. Die thüringische Regierung war sich dagegen uneins, sodass die Stimmen aus dem Freistaat ungültig waren. Lesen Sie hier mehr dazu.
Die Ziele der Reform: weniger Finanzdruck für die Kliniken und mehr Spezialisierung bei komplexeren Eingriffen sollen zu einer besseren Versorgung der Patienten führen. t-online beantwortet die wichtigsten Fragen zur Reform.
In Deutschland gibt es nach Experteneinschätzung im Vergleich zu den Nachbarländern relativ viele Kliniken – und diese haben seit Jahren schwelende Probleme: Finanznöte, Personalengpässe, und ein Drittel der 480.000 Betten sind laut Gesundheitsministerium nicht belegt. Lauterbach sieht die Reform denn auch als eine Art Notbremse: Ohne Änderungen drohten Klinik-Insolvenzen und nicht optimale Behandlungen.
Dabei sei klar, dass Deutschland weder den medizinischen Bedarf noch das Personal für 1.700 Krankenhäuser habe. Ziel sei daher, den wirklich benötigten Häusern eine auskömmliche wirtschaftliche Basis zu sichern.
Das vor 20 Jahren eingeführte Vergütungssystem mit Pauschalen pro Behandlungsfall soll grundlegend geändert werden. Denn es führt laut Lauterbach bisher zu einem „Hamsterrad-Effekt“, bei dem Kliniken versuchen, auf möglichst kostengünstige Weise auf möglichst viele behandelte Fälle zu kommen – oder sogar zu Anreizen für medizinisch unnötige Eingriffe.
Künftig soll es daher einen festen Sockel von 60 Prozent der Vergütung schon allein dafür geben, dass Kliniken eine Grundausstattung mit Personal und Geräten für bestimmte Leistungen vorhalten. Der Rest soll weiterhin durch Fallpauschalen finanziert werden. Zusätzliche Vergütungszuschläge soll es geben für Kliniken mit Kinderheilkunde, Geburtshilfe, Intensiv- und Unfallmedizin, speziellen Schlaganfall-Stationen und Notfallversorgung.
Was sieht die Reform bei der Behandlungsqualität vor?
Die neue Fix-Vergütung soll eine Klinik für „Leistungsgruppen“ bekommen, die ihr das Land zuweist. Sie bilden medizinische Leistungen ab, und zwar präziser gefasst als grob benannte Fachabteilungen. Ausgangspunkt sollen 65 Gruppen sein, die maßgeblich auf ein Modell aus Nordrhein-Westfalen zurückgehen – etwa „OPs an der Wirbelsäule“ oder „Leukämie“.
Dabei muss ein Krankenhaus bestimmte Qualitätskriterien erfüllen, um eine Leistungsgruppe zu erhalten, etwa was das Fachpersonal und die Ausstattung angeht. Lauterbach machte wiederholt klar, dabei keine Abstriche machen zu wollen. Denn so soll sichergestellt werden, dass etwa Krebsbehandlungen in Kliniken mit den dafür nötigen Spezialkenntnissen gemacht werden.
Steuern sollen den Wandel die für die Krankenhausplanung zuständigen Länder. Sie könnten etwa sagen, ob es in einer Region zwei oder vier Standorte für Wirbelsäulenchirurgie gebe, erläuterte Lauterbach. Die neue Fix-Vergütung soll auch die weitere Existenz kleinerer Häuser auf dem Land absichern.
Die Länder sollen Standorte zudem zu „sektorenübergreifenden Versorgungseinrichtungen“ erklären können, die „wohnortnah“ stationäre Behandlung mit ambulanten und pflegerischen Leistungen verbinden. Wo Praxen von Fach- und Hausärzten fehlen, sollen Patienten künftig für diese Behandlungen auch ins Krankenhaus gehen können. Wegfallen dürften Klinikstandorte vor allem in westdeutschen Großstädten.