Die künftige schwarz-rote Bundesregierung will einen Nationalen Sicherheitsrat gründen. Experten fordern das seit Langem, dennoch bleibt der Koalitionsvertrag vage. Was bisher bekannt ist.
Friedrich Merz und seine künftige schwarz-rote Bundesregierung wollen ein Projekt anpacken, an dem schon einige Vorgänger gescheitert sind. In ihrem Koalitionsvertrag haben Union und SPD vereinbart, einen Nationalen Sicherheitsrat zu schaffen: „Wir entwickeln den Bundessicherheitsrat, im Rahmen des Ressortprinzips, zu einem Nationalen Sicherheitsrat im Bundeskanzleramt weiter“, heißt es in dem Papier.
Seit mehr als 20 Jahren fordern Experten ein solches Gremium. Merz will den Nationalen Sicherheitsrat wieder auf die Tagesordnung bringen. Grund dafür dürfte die Vielzahl internationaler Krisen sein, die die künftige Bundesregierung bewältigen muss.
Doch welche Aufgaben soll ein solcher Rat innerhalb der Bundesregierung übernehmen? Und wie konkret sind die schwarz-roten Pläne wirklich? t-online gibt einen Überblick.
Insbesondere seit den Terroranschlägen in den USA am 11. September 2001 wird immer deutlicher, dass innere und äußere Bedrohungen nicht mehr so einfach voneinander zu trennen sind. Zuletzt scheiterte noch die Ampel an der Uneinigkeit, ob der Rat ans Kanzleramt oder an das Auswärtige Amt angebunden werden sollte. Das Projekt verlief im Sande. Einzig eine Nationale Sicherheitsstrategie brachten SPD, Grüne und FDP zu Papier.
Spätestens seit Russlands Vollinvasion der Ukraine im Februar 2022 haben sich die zu bewältigenden Krisen für die Bundesregierung vervielfacht. Auch im Nahen Osten ist nach dem Hamas-Terror vom 7. Oktober 2023 Krieg entbrannt. Hybride Angriffe nehmen europaweit zu. Und die innere Sicherheit steht nach mehreren Terroranschlägen auf deutschem Boden sowie Problemen in der Migrationspolitik ebenso zunehmend auf dem Prüfstand.
Ein weiterer Weckruf war der Abschlussbericht der Enquete-Kommission „Lehren aus Afghanistan“ vom Januar 2025. Im Rahmen der Aufarbeitung des Afghanistan-Einsatzes von 2001 bis 2021 wurde deutlich, dass die ressortübergreifende Koordination innerhalb der Bundesregierung in Sicherheitsfragen verbessert werden muss.
Sowohl die Union als auch FDP und AfD forderten in dem Bericht einen Nationalen Sicherheitsrat. CDU und CSU sowie die Liberalen schrieben diese Forderung auch in ihre Wahlprogramme, bei SPD und Grünen fand sich das Thema nicht wieder. In den Koalitionsverhandlungen sperrten sich die Sozialdemokraten zunächst noch gegen die Einrichtung.
Im Koalitionsvertrag nimmt das Thema lediglich zwei Absätze ein. Union und SPD haben demnach zwar Vorstellungen für einen Ansatz zur Bildung des Gremiums und für mögliche Aufgaben. Wie der Rat strukturell aufgebaut sein wird, lässt der Vertrag jedoch offen.
Immerhin: Der Nationale Sicherheitsrat soll sich aus dem bereits bestehenden Bundessicherheitsrat entwickeln. Dieser berät die Bundesregierung in Sicherheitsfragen.
Abseits von Genehmigungen für Rüstungsexporte hört die Öffentlichkeit jedoch selten von dem Kabinettsausschuss. Dem Bundessicherheitsrat gehören neben dem Bundeskanzler und seinem Kanzleramtschef auch die Minister des Auswärtigen, der Verteidigung, der Finanzen, des Inneren, der Justiz, der Wirtschaft und der wirtschaftlichen Zusammenarbeit an. Beratend kommen noch der Bundeswehr-Generalinspekteur, die Chefs von Bundespräsidial- und Bundespresseamt sowie der Beauftragte für Fragen der Abrüstung und Rüstungskontrolle hinzu.
Der Nationale Sicherheitsrat soll laut Koalitionsvertrag dem Ressortprinzip folgen. Ferner gibt das Papier dem Rat mehrere Aufgaben: „Er soll die wesentlichen Fragen einer integrierten Sicherheitspolitik koordinieren, Strategieentwicklung und strategische Vorausschau leisten, eine gemeinsame Lagebewertung vornehmen und somit das Gremium der gemeinsamen politischen Willensbildung sein.“ Welche Ministerien und Behörden genau beteiligt sind, geht aus dem Vertrag nicht hervor.
Weiterhin plant Schwarz-Rot zwei weitere Gremien zur Komplementierung des Nationalen Sicherheitsrats: „Für eine ganzheitliche Bewältigung von Krisen braucht Deutschland einen Bund-Länder- und ressortübergreifenden Nationalen Krisenstab der Bundesregierung und ein Nationales Lagezentrum im Bundeskanzleramt, in dem ressortübergreifend ein Gesamtlagebild zusammengefügt wird.“