Regierungsbildung
Was man über Friedrich Merz wissen sollte
Aktualisiert am 06.05.2025 – 04:30 UhrLesedauer: 4 Min.
Lange galt der Sauerländer als politisch abgeschrieben. Doch zäh hat sich Friedrich Merz auf die große Bühne zurückgekämpft. Die Wahl zum Kanzler dürfte auch eine Genugtuung für den 69-Jährigen sein.
Für Friedrich Merz dürfte es der größte Triumph seiner politischen Karriere sein: Wenn heute alles so läuft wie erwartet, wird er die Union nach nur etwa dreieinhalb Jahren in der Opposition als Kanzler zurück an die Macht führen. Dabei galt der 69-Jährige lange als politisch abgeschrieben, hatte sich zwischenzeitlich für eine Karriere in der Wirtschaft entschieden. Zäh und zielstrebig kämpfte sich der Sauerländer an die politische Spitze zurück.
Nachdem die damalige CDU-Chefin Angela Merkel ihn 2002 als Unionsfraktionschef verdrängt hatte, arbeitete Merz unter anderem für das US-Investmentunternehmen Blackrock und sammelte Wirtschaftskompetenz. Erst im dritten Anlauf und 20 Jahre später wurde er nach dem Rückzug von Merkel CDU-Chef und Vorsitzender der Unionsfraktion.
Was man sonst noch über Merz wissen sollte:
Am 11. November 1955 im sauerländischen Brilon geboren, wurde Merz 1985 zunächst Richter, kurz danach arbeitete er als Rechtsanwalt. 1989 zog er ins Europaparlament in Straßburg ein, 1994 wurde er für den Hochsauerland-Wahlkreis Bundestagsabgeordneter.
Merz positionierte sich früh als Wertkonservativer. Als guter Redner galt er rasch als Hoffnungsträger, inhaltlich profilierte er sich als Finanzexperte. Im Februar 2000 wurde er – auf dem Höhepunkt des CDU-Parteispendenskandals – mit 96 Prozent zum Nachfolger von Wolfgang Schäuble zum Vorsitzenden der Unionsfraktion gewählt.
Merz hat den umstrittenen Begriff von der „deutschen Leitkultur“ geprägt. Im Oktober 2003 präsentierte er Eckpunkte einer radikalen Steuerreform, die mit drei Stufen auf einem Bierdeckel erklärbar sein sollte. „Der Bierdeckel ist tot. Vergessen Sie den Bierdeckel“, sagt Merz heute.
Dass die damalige CDU-Vorsitzende und spätere Langzeitkanzlerin Angela Merkel ihn 2002 vom Posten des Unionsfraktionschefs und Oppositionsführers im Bundestag verdrängte, hat Merz wohl bis heute nicht verwunden. Bis 2009 blieb Merz im Bundestag, dann zog er sich von der politischen Bühne zurück. Er arbeitete als Anwalt, ging in Aufsichtsräte zahlreicher Unternehmen und war Chef des deutschen Ablegers des US-Investmentunternehmens Blackrock.
In der CDU galt Merz lange als Polarisierer. In den eigenen Reihen wird ihm heute aber bescheinigt, dass er die CDU nach dem Machtverlust 2021 wieder geeint hat. Das zu Merkels Zeit zerrüttete Verhältnis zur CSU hat er mit einem harten Kurs in der Migrationspolitik gekittet.
Politische Gegner kann Merz allerdings nach wie vor mit polarisierenden Äußerungen auf die Palme bringen. Das zeigte sich etwa im Wahlkampf, als er es im Bundestag in der Migrationsdebatte zuließ, dass die AfD einem Unionsantrag zur Mehrheit verhalf.
Merz stammt aus einer Juristenfamilie, er ist mit einer Richterin verheiratet. Das Paar wohnt in Arnsberg im Hochsauerland. Merz hat bereits angekündigt, dass er seinen ersten Wohnsitz dort auch als Kanzler behalten will. Charlotte Merz ist Direktorin des Amtsgerichts Arnsberg. Das Paar hat drei erwachsene Kinder, einen Sohn und zwei Töchter, sowie sieben Enkelkinder. Merz gilt als Familienmensch. Vergangenen Sommer beriet Merz im Kreis der Familie darüber, ob man sich die Belastungen des Kanzlerjobs zumuten wolle.
Auf die Frage der „Bild“-Zeitung, ob er schon ein Kinderspielzimmer im Kanzleramt in Auftrag gegeben habe, sagte Merz Mitte April: „Nein, und die Familie wird auch draußen bleiben, im wörtlichen Sinne.“ Er ergänzte, „die Familie soll von diesem Amt möglichst wenig betroffen sein“. Charlotte Merz hatte im Wahlkampf gesagt, sie und ihr Mann unterstützten sich gegenseitig. „Letztendlich ist die Kraftquelle die Homebase im Sauerland.“