Ein Haus bauen, ohne das Grundstück zu kaufen? Das geht in Deutschland. Möglich macht es das Erbbaurecht – umgangssprachlich auch Erbpacht genannt.

Auf der Grundlage des Erbbaurechts pachtet der Bauherr ein Grundstück, das ihm nicht gehört und baut darauf ein Haus. Dadurch spart der Häuslebauer das Geld für Grund und Boden. Doch was auf den ersten Blick verlockend scheint, kann finanzielle Risiken bergen.

Warum es sinnvoller sein kann, nicht nur ein Haus, sondern auch das dazugehörige Grundstück zu kaufen, erklären wir Ihnen in diesem Ratgeber.

Die Idee des 1919 in Kraft getretenen Erbbaurechts ist es, auch Menschen mit geringerem Einkommen den Erwerb von Wohneigentum zu ermöglichen. Der Begriff „Erbpacht“ bezeichnete ursprünglich das Recht an der Nutzung landwirtschaftlicher Flächen. Diese aus dem Lehnswesen stammende Form der Landbewirtschaftung ist heute nicht mehr zugelassen. Stattdessen wird der Begriff „Erbpacht“ umgangssprachlich für das Konzept des Erbbaurechts verwendet.

Rechtlich gesehen gehören zu den Vertragsparteien eines Erbbaurechtsvertrages der (1) Erbbaurechtsgeber und der (2) Erbbaurechtsnehmer oder Erbbauberechtigte. Der Erbbaurechtsgeber ist zwingend der Eigentümer des Grundstücks, der Erbbaurechtsnehmer ist der Besitzer. Erbbaurechtsnehmer kann jede juristische oder natürliche Person sein.

In der Regel bekommen Sie Erbpachtgrundstücke von sozialen Einrichtungen wie Stiftungen, Kirchen oder von den Gemeinden – manchmal aber auch von Privateigentümern. Sind Sie Bauherr oder Bauherrin, dann werden Sie bei Vertragsabschluss nicht Eigentümer oder Eigentümerin eines Grundstücks, sondern mieten es.

Die Laufzeit der Verträge variiert meist zwischen 50 und 99 Jahren, kann aber auch kürzer oder länger ausfallen. Zum Ausgleich zahlt der Hausbauer den sogenannten Erbbauzins. Der Satz beträgt in der Regel 2,5 bis 5 Prozent vom Grundstückswert. Dieser wiederum bemisst sich nach dem Bodenrichtwert. Die Erbpacht wird vertraglich zwischen dem Grundstückseigentümer und dem Erbbaurechtsnehmer vereinbart und richtet sich nicht nach dem Leitzins der Zentralbank.

Die Höhe des Erbbauzinses – die sogenannte Pacht – im Vergleich zur Zinshöhe für Baudarlehen beim Kauf eines Grundstücks ist ein entscheidender Faktor für den Vertragsabschluss. Erbpacht lohnt sich primär dann, wenn Sie nicht genügend Eigenkapital für den Kauf eines Grundstücks haben, oder wenn die Grundstückspreise in Ihrer Wunschlage sehr hoch sind.

Allerdings sollten Sie sich darüber im Klaren sein, dass Sie sich mit einem Erbpachtvertrag in ein Dauerschuldverhältnis begeben. Das heißt: Die Zahlungen fallen so lange an, wie der Vertrag läuft. Die Erbbauzinszahlungen über die gesamte Vertragslaufzeit können den ursprünglichen finanziellen Vorteil aufzehren. Nach 50 Jahren beispielsweise könnten Sie doppelt so viel gezahlt haben, wie der Grundstückspreis betragen hätte.

Die Höhe des Erbbauzinses ist grundsätzlich frei verhandelbar und wird nicht durch gesetzliche Bestimmungen reguliert. Allerdings sollten Sie sich vor dem Vertragsabschluss über die langfristige Wertentwicklung des Grundstücks bewusst sein.

Üblich ist eine vertragliche Regelung, dass der Erbbauzins in bestimmten Zeitabständen, typischerweise alle drei Jahre, angepasst werden kann. Diese Anpassung erfolgt meist durch eine Kopplung an den Verbraucherpreisindex oder den Verkehrswert des Grundstücks und nicht an den zu diesem Zeitpunkt gültigen Zins für Immobilienkredite oder Baudarlehen.

Ein Anspruch auf Erhöhung des Erbbauzinses darf frühestens nach Ablauf von drei Jahren seit Vertragsabschluss und, wenn eine Erhöhung des Erbbauzinses bereits erfolgt ist, frühestens nach Ablauf von drei Jahren seit der jeweils letzten Erhöhung des Erbbauzinses geltend gemacht werden.

Der Verkehrswert eines Grundstücks kann nur in einem sehr aufwendigen Vergleichswertverfahren ermittelt werden, wenn in jüngster Zeit eine ausreichende Anzahl von Verkäufen vergleichbarer Grundstücke stattgefunden hat. Dabei spielen Faktoren wie Lage, Bebaubarkeit und individuelle Besonderheiten eine Rolle.

Die Erhöhung darf „nicht unbillig“ sein, also nicht über die wirtschaftlichen Verhältnisse des Erbpachtnehmers seit Vertragsabschluss hinausgehen oder den vereinbarten Bezugsindex überschreiten.

Ein Erhöhungsanspruch ist regelmäßig als unbillig anzusehen, wenn und soweit die nach der vereinbarten Bemessungsgrundlage zu errechnende Erhöhung über die seit Vertragsabschluss eingetretene Änderung der allgemeinen wirtschaftlichen Verhältnisse hinausgeht. Mit anderen Worten: Die Erhöhung ist unverhältnismäßig hoch im Vergleich zur realen wirtschaftlichen Entwicklung und daher als unbillig anzusehen.

Diese Faktoren können die Höhe des Erbbauzinses beeinflussen:

  • Grundstückswert: Der Erbbauzins orientiert sich in der Regel am Verkehrswert des Grundstücks zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses. Üblich sind 2,5 bis 5 Prozent des Grundstückswertes pro Jahr als Erbbauzins.
  • Vertragliche Vereinbarungen: Die Höhe des Erbbauzinses und mögliche Anpassungsmechanismen werden im Erbbaurechtsvertrag zwischen den Parteien frei verhandelt und festgelegt.
  • Art der Nutzung: Die vorgesehene Nutzung des Grundstücks etwa als Wohngrundstück oder als Gewerbe kann die Bemessung des Erbbauzinses ebenso beeinflussen.
  • Wertsicherungsklauseln: Viele Verträge enthalten Klauseln zur regelmäßigen Anpassung des Erbbauzinses, die meist an den Verbraucherpreisindex oder den Verkehrswert des Grundstücks gebunden sind.
  • Laufzeit des Erbbaurechts: Bei längeren Laufzeiten wird tendenziell ein niedrigerer Erbbauzins vereinbart.

Wichtig zu wissen: Wenn der Erbpachtvertrag ausläuft, wird die Immobilie, die auf einem Erbpachtgrundstück gebaut wurde, automatisch zum Eigentum des Grundstückeigentümers, also des Erbbaurechtsgebers. So ist es gesetzlich geregelt und wird ins Grundbuch eingetragen.

Endet der Erbpachtvertrag, dann endet das vereinbarte Erbbaurecht. Das Grundstück einschließlich Immobilie geht an den Eigentümer zurück. Die Folge: (1) Sie können Ihr Haus nicht mehr verkaufen oder (2) werden Mieter in den ehemals eigenen vier Wänden oder (3) müssen im schlimmsten Fall ausziehen.

Aus diesem Grund sollten Sie rechtzeitig vor Auslaufen des Erbpachtvertrages mit dem Grundstückseigentümer besprechen, wie es weitergeht. Es gibt mehrere Möglichkeiten:

  • Vertragsverlängerung: Der Erbbaurechtsvertrag kann in der Regel verlängert werden, es besteht jedoch kein Anspruch darauf. Als Erbbaurechtsnehmer sollten Sie frühzeitig, etwa zwei Jahre vor Ablauf, mit dem Grundstückseigentümer (Erbbaurechtsgeber) über eine Vertragsverlängerung verhandeln. Diese muss vor Ablauf in das Grundbuch eingetragen werden.
  • Ablösung der Immobilie: Wird der Vertrag nicht verlängert, geht das Grundstück, einschließlich Immobilie an den Grundstückseigentümer über. Der Erbbauberechtigte erhält dann eine Entschädigung von mindestens zwei Dritteln des Verkehrswertes der Immobilie. Er kann also in dem Haus wohnen bleiben, wird aber zum Mieter.
  • Vorkaufsrecht: In den meisten Fällen hat der Erbbauberechtigte ein vertragliches Vorkaufsrecht auf das Grundstück. Er kann es also vom Eigentümer zum Verkehrswert erwerben, bevor es Dritten angeboten wird. Dieses Vorkaufsrecht sollte bereits bei Vertragsabschluss schriftlich fixiert werden. Ein automatisches Vorkaufsrecht haben Sie als Pächter nicht.

Tipp: Lassen Sie sich bei Vertragsabschluss ein Vorkaufsrecht einräumen. Möchte der Grundstückseigentümer das Land später verkaufen, haben Sie gute Chancen, Eigentümer des Grundstücks zu werden – vorausgesetzt: Sie können das Grundstück finanzieren.

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