Krankenhausreform

Was bringt die Großoperation bei den Kliniken?

Aktualisiert am 17.10.2024 – 05:00 UhrLesedauer: 3 Min.

Die Reform soll den „Hamsterrad-Effekt“ in den Kliniken bekämpfen. (Archivbild) (Quelle: Frank Molter/dpa/dpa-bilder)

Der Name soll Programm sein: Das „Krankenhausversorgungsverbesserungsgesetz“ soll nach viel Streit die wichtigste Hürde im Parlament nehmen. Es geht um die Zukunft der deutschen Kliniklandschaft.

Der Anlauf begann am Nikolaustag 2022, als eine Kommission Empfehlungen vorlegte. Fast zwei Jahre später soll der Bundestag heute eine Neuaufstellung der Kliniken in Deutschland beschließen. Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) spricht von einer „Revolution“ und der größten Krankenhausreform seit 20 Jahren. Die Ziele: weniger Finanzdruck und mehr Spezialisierung bei komplizierteren Eingriffen. Was sind die wichtigsten Änderungen, und was bedeutet die Großoperation für die Patientinnen und Patienten?

Deutschland hat nach Experteneinschätzung im Vergleich zu Nachbarländern zu viele Kliniken. Es gibt große Probleme: finanzielle Schwierigkeiten, Personalengpässe, ein Drittel der 480.000 Betten sind laut Gesundheitsministerium nicht belegt.

Lauterbach sieht die Reform denn auch als eine Notbremse: Ohne Änderungen drohten Klinik-Insolvenzen, schlechte Behandlung und weite Wege. Dabei sei klar, dass Deutschland nicht den medizinischen Bedarf und nicht das Personal für 1.700 Krankenhäuser habe. Ziel sei daher, den wirklich benötigten Häusern eine auskömmliche wirtschaftliche Basis zu sichern.

Minister Karl Lauterbach spricht von einer „Revolution“. (Archivbild) (Quelle: Fabian Sommer/dpa/dpa-bilder)

Aktuell bekommen Kliniken pro Patient oder Behandlungsfall einen pauschalen Euro-Betrag (Fallpauschale). Das führt laut Lauterbach zu einem „Hamsterrad-Effekt“, möglichst viele Behandlungen auf möglichst günstige Weise zu machen, oder schafft sogar Anreize zu unnötigen Behandlungen. Als Beispiel wird gern die Knieprothese genannt, die eingebaut wird, wo es vielleicht gar nicht nötig ist.

Dem Gesetzentwurf zufolge besteht auch ein Risiko, dass manche Kliniken schwierige Behandlungen vornehmen, für die ihnen die Erfahrung fehlt, oder vermeintlich weniger lukrative medizinische Leistungen nicht mehr anbieten.

Grundlegend geändert werden soll das vor 20 Jahren eingeführte Vergütungssystem der Fallpauschalen. Künftig soll es einen festen Sockel von 60 Prozent der Vergütung schon allein dafür geben, dass Kliniken eine Grundausstattung mit Personal und Geräten für bestimmte Leistungen vorhalten, unabhängig von der Zahl der Fälle.

Die Feuerwehr werde ja auch nicht nur bezahlt, wenn es brenne, argumentierte die Kommission, die Vorschläge für die Reform erarbeitete. Extra-Zuschläge geben soll es für Kinderheilkunde, Geburtshilfe, Intensiv- und Unfallmedizin, spezielle Schlaganfall-Stationen und Notfallversorgung.

Für bestimmte Leistungen wie Notaufnahmen soll es Zuschläge geben. (Archivbild) (Quelle: Frank Hammerschmidt/dpa/dpa-bilder)

Was soll sich bei der Behandlungsqualität tun?

Die neue Fix-Vergütung soll eine Klinik für „Leistungsgruppen“ bekommen, die ihr das Land zuweist. Sie bilden medizinische Leistungen ab, und zwar präziser gefasst als grob benannte Fachabteilungen. Ausgangspunkt sollen 65 Gruppen sein, die maßgeblich auf ein Modell aus Nordrhein-Westfalen zurückgehen – etwa „OPs an der Wirbelsäule“ oder „Leukämie“.

Mit definiert werden jeweils einheitliche Qualitätsvorgaben zu Fachpersonal und Ausstattung. Lauterbach machte wiederholt klar, da keine Abstriche zu machen. Denn dies soll bewirken, dass etwa Krebsbehandlungen in Kliniken mit Spezialkenntnissen gemacht werden.

Steuern sollen den Wandel die für die Krankenhausplanung zuständigen Länder. Sie könnten beispielsweise sagen, ob es in einer Region zwei oder vier Standorte für Wirbelsäulenchirurgie gebe, erläuterte Lauterbach.

Die neue Vorhaltevergütung soll eine Existenzsicherung gerade für kleinere Häuser auf dem Land schaffen. Die Länder sollen Standorte zu „sektorenübergreifenden Versorgungseinrichtungen“ erklären können, die „wohnortnah“ stationäre Behandlung mit ambulanten und pflegerischen Leistungen verbinden, wie es im Entwurf heißt. Generell sollen Qualitätskriterien auch in Kooperationen zu erfüllen sein.

Für Klinik-Behandlungen sollen einheitliche Qualitätsvorgaben kommen. (Archivbild) (Quelle: Jens Kalaene/dpa/dpa-bilder)

Vorgesehen sind auch Finanzspritzen: Angesichts von Finanznöten vieler Kliniken sollen die Lohnkosten für alle Beschäftigten schon von diesem Jahr an nicht mehr nur zur Hälfte, sondern voll von den gesetzlichen Krankenkassen finanziert werden. Um den großen Wandel zu den neuen Strukturen zu unterstützen, soll zudem ein „Transformationsfonds“ kommen, aus dem von 2026 bis 2035 bis zu 25 Milliarden Euro fließen könnten – sofern sich Länder in jeweils gleicher Höhe beteiligen. Kommen soll das Geld aus Mitteln der gesetzlichen Kassen und – entsprechend ihrem Anteil an den Behandlungen – der privaten Krankenversicherungen.

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