Erneut kam es im östlichen Mittelmeer zu einem Erdbeben mit Todesfolge. Der Grund dafür ist das Zusammentreffen mehrerer Erdplatten.
Der Mittelmeerraum wird immer wieder von Erdbeben erschüttert. Besonders stark ist die Ägäis betroffen. Erst in der Nacht zu Dienstag wurde die türkische Stadt Marmaris von einem Erdbeben der Stärke 5,8 erschüttert, bei dem eine Person ums Leben kam. Auch auf der türkischen Insel Rhodos waren die Auswirkungen zu spüren.
Dass gerade in der Region zwischen Griechenland und der Türkei so oft die Erde bebt, hängt mit der Lage zusammen. Denn in der Ägäis treffen mehrere tektonische Platten aufeinander. Die Eurasische im Nordwesten, die Anatolische im Osten, die Afrikanische im Süden und in der Mitte die Ägäische. Dabei treibt die Eurasische Platte auf die Afrikanische Platte zu. Die nach Osten gerichteten Kräfte erzeugen in Mitteleuropa im Untergrund ein Spannungsfeld, welches die Nordwärtsbewegung der Afrikanischen Platte erheblich hemmt. An der Afrikanischen Platte hängt zudem ein Fortsatz, Adriatischer oder auch Apulischer Sporn genannt, der sich in die Eurasische Platte schiebt.
Im Bereich des Apulischen Sporns, der auch als Apulische Platte bezeichnet wird, verstärken diese Kräfte den Druck auf die Erdkruste erheblich. Dies führt zu einer ständigen Bewegung und Verformung des Untergrunds in der Mittelmeerregion. Entlang der Plattengrenzen, wo die Erdkruste durch tektonische Bewegungen unter Spannung steht, kommt es infolgedessen zu Erdbeben.
Diese Driftbewegung der Erdplatten führt in der Ägäis zu häufigen Erdbeben. Wie zuletzt im März auf der griechischen Insel Santorini. Erschwerend kommt hinzu, dass sich auch die anatolische Platte auf die Eurasische zu bewegt. Angetrieben wird diese Bewegung durch den Druck der arabischen Platte, welche sich nach Norden bewegt. Das sorgt dafür, dass die Türkei gleich zwei Erdbeben gefährdete Regionen hat. Zum einen da, wo die Arabische auf die Anatolische Platte trifft, im Südosten des Landes und zu anderen in der Ägais. Experten befürchten, dass auch auf die Millionenmetropole Istanbul ein verheerendes Erdbeben zukommen könnte. Lesen Sie hier mehr dazu.
Die Erdbeben in der Ägäis werden von der Seismologischen Station der Aristoteles-Universität Thessaloniki (AUTH) registriert und analysiert. Aus den täglich aktualisierten Daten lassen sich fünf Cluster identifizieren, in denen sich Erdbeben besonders häufen.
Der mächtigste Cluster liegt im über 1.000 Meter tiefen Becken nördlich des kretischen Inselbogens. Hier treten besonders häufig seismische Aktivitäten auf. Die zweitgrößte Erdbebenhäufigkeit weist eine Region südlich der Inseln Karos und Amorgos auf. Ein etwas schwächerer Cluster befindet sich am Rand des ägäischen Schelfbereichs, direkt südlich von Santorini. Der schwächste Cluster bildet sich im Zentrum der Santorini-Caldera und reicht bis in den nordöstlichen Bereich der Hauptinsel Thera. Dies entspricht der klassischen Lage der Santorini-Vulkane.
Nordöstlich von Santorini, im Bereich des Kolumbo-Vulkans, nimmt die seismische Aktivität wieder zu. Dieser Vulkan reicht von einer Meerestiefe von über 400 Metern bis fast an die Wasseroberfläche heran.
Die Erdbeben in der Region folgen deutlich einer Südwest-Nordost-Ausrichtung. Sie folgen weitgehend den Vektoren, die die Drift der anatolischen Platte anzeigen. Der klassische vulkanische Inselbogen, der sich entlang der Kontur der abtauchenden Afrikanischen Platte erstreckt, spielt somit eine geringere Rolle als lange angenommen. Stattdessen richtet sich der Vulkanismus zunehmend entlang jener Störungszonen aus, die durch die Bewegung der Anatolischen Platte entstehen, wodurch Magma aufsteigt und die Vulkane des Inselbogens speist.
Aufgrund dieser Faktoren kommen die Erdbeben der vergangenen Wochen und Monate für Marco Bohnhoff vom GFZ Helmholtz-Zentrum für Geoforschung nicht überraschend. „Was gerade in der Mittelmeerregion passiert, ist aus geologischer Sicht nicht unerwartet und auch in der Anzahl der Beben keine ungewöhnliche Häufung“, so Bonhoff.
„Der östliche Mittelmeerraum ist ein Gebiet mit einem höheren Risiko für Erdbeben als beispielsweise Nordeuropa und es gibt dort zahlreiche aktive Vulkane.“ das bedeute laut Bonhoff, dass sich Touristen in diesen Regionen mit den Risiken und vor allem mit Verhaltensregeln vertraut machen sollten. Gibt aber auch zu bedenken: „Bei der Risikoabwägung sollte immer auch berücksichtigt werden, dass es eine Reihe allgemeiner Risiken gibt (zum Beispiel die Teilnahme im Straßenverkehr), an die wir uns gewöhnt haben.“