Am Karfreitag bekommen die ZDF-Zuschauer „Winnetou 1. Teil“ zu sehen. Der Sender hält trotz Kritik an der Ausstrahlung des umstrittenen Films fest.

Die „Winnetou“-Reihe wurde in den Sechzigerjahren schnell zum Kult. 1962 erschien mit „Der Schatz im Silbersee“ der erste Film rund um den fiktiven Häuptling der Mescalero-Apachen. In den Hauptrollen: Pierre Brice als Winnetou und Lex Barker als Old Shatterhand. Der Erfolg war so groß, dass in den Folgejahren elf weitere Geschichten aus dem Wilden Westen in die Kinos kamen.

Die Apachen hat es tatsächlich gegeben. Die Figur Winnetou ist aber eine Erfindung des deutschen Autors Karl May. Das ist schon mehr als hundert Jahre her. Mittlerweile steht der Vorwurf im Raum, dass die Darstellung der Ureinwohner und deren Leben falsch sei. Demnach werde die Kolonialzeit in den Filmen verharmlost dargestellt, es wimmele vor rassistischen Stereotypen. Dennoch sind die Geschichten bei vielen bis heute beliebt. Auch am Karfreitag wird „Winnetou 1. Teil“ im Fernsehen gezeigt – eine Fehlentscheidung?

Kinderbuch „Der junge Häuptling Winnetou“ wurde eingestampft

In den vergangenen Jahren hatte die Kritik an den „Winnetou“-Erzählungen immer wieder Konsequenzen. Vor zwei Jahren zog der Ravensburger Verlag das Buch „Der junge Häuptling Winnetou“ zum gleichnamigen Kinofilm zurück. Darin geht es um den zwölfjährigen Winnetou, der Sohn des Häuptlings Intschu-tschuna, der sich auf eine Abenteuerreise begibt.

Unter der Instagram-Ankündigung kurz vor Veröffentlichung äußerten zahlreiche User ihren Unmut über das Projekt. „Bitte überdenkt noch mal, ob dieses Buch wirklich auf dem Markt sein sollte und ob Kinder wirklich dadurch mitgeprägt werden sollten“, lautete beispielsweise ein Kommentar. Das Problem sei zum einen die Darstellung indigener Völker aus Amerika, zum anderen die Nutzung des Wortes „Indianer“. Zudem musste sich Ravensburger den Vorwurf gefallen lassen, mit dem Vermarkten dieser Geschichten Geld aus anderen Kulturen zu schlagen, ohne sich um Aufklärung zu bemühen.

Der Verlag reagierte auf das Feedback seiner Leser: „Wir danken euch für eure Kritik. Euer Feedback hat uns deutlich gezeigt, dass wir mit den ‚Winnetou‘-Titeln die Gefühle anderer verletzt haben. Das war nie unsere Absicht und das ist auch nicht mit unseren Ravensburger Werten zu vereinbaren. Wir entschuldigen uns dafür ausdrücklich“, lautete das Instagram-Statement von Ravensburger. Beide Social-Media-Beiträge – die Ankündigung des Buches sowie die Stellungnahme des Verlags – wurden mittlerweile gelöscht.

Kinos verschmähen „Winnetou“

Ein Jahr später kam es zu einer ähnlichen Situation: Zum 60-jährigen Jubiläum von „Winnetou 1. Teil“ plante der Berliner Filmverleih Croco, den ersten Film der Reihe noch einmal in die Kinos zu bringen. Damit der Klassiker auf den großen Leinwänden gut zur Geltung kommt, wurde er technisch aufbereitet – 4k-Qualität inklusive.

Allerdings war die Mühe umsonst, denn in der deutschen Kinolandschaft bestand kaum Interesse an dem restaurierten Klassiker. Wie der Filmverleih dem Newsportal „Der Westen“ mitteilte, hätten sich nur neun Kinos in ganz Deutschland dazu bereit erklärt, „Winnetou 1. Teil“ ins Programm aufzunehmen.

Frage nach Disclaimer bleibt offen

Doch im Fernsehen scheinen andere Gesetze zu gelten. Das ZDF hat sich dazu entschieden, „Winnetou 1. Teil“ am Karfreitag um 11.30 Uhr auszustrahlen. „Die Karl-May-Filme erfreuen sich bei den Zuschauerinnen und Zuschauern großer Beliebtheit. Das Fernsehprogramm ist auch ein historisches Zeitdokument, das gesellschaftliche Themen aus damaliger Sicht spiegelt“, begründet der Sender den Entschluss bei t-online.

Die Frage, ob vor Beginn des Films ein Disclaimer eingeblendet wird, lässt das ZDF hingegen unbeantwortet. Zuletzt waren viele Sender dazu übergegangen, bei problematischen Inhalten eine Hinweistafel einzublenden.

Ein Beispiel: Anlässlich des 75. Geburtstages von Komiker Otto Waalkes nahm der WDR im Sommer 2023 mehrere Shows des TV-Stars in das Angebot seiner Mediathek auf. Die Verantwortlichen sahen sich jedoch in der Pflicht, die Inhalte mit einer Warnung zu versehen. Bevor die Nutzer Otto zu sehen bekamen, erschien der Text: „Das folgende Programm wird, als Bestandteil der Fernsehgeschichte, in seiner ursprünglichen Form gezeigt. Es enthält Passagen mit diskriminierender Sprache und Haltung.“

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