Im Jahr 2023 hungerte jeder elfte Mensch auf dem Planeten. Auch in der westlichen Welt gibt es das Phänomen der Unterernährung. Was steckt dahinter?

Armut und Krieg sind die häufigsten Ursachen dafür, dass Menschen hungern. Seit 1979 ist am 16. Oktober der sogenannte Welthungertag, der von den UN ausgerufen wird. Nach ihren Angaben hungerten im Jahr 2023 etwa 733 Millionen Menschen – jeder elfte Mensch auf dem Planeten. Fast 30 Prozent hatten keinen regelmäßigen Zugang zu ausreichender Nahrung.

Doch Unterernährung ist nicht nur ein Problem in Entwicklungsländern. Auch Senioren in der westlichen Welt sind häufig von ihr betroffen. Einer von sieben älteren Erwachsenen, die zu Hause leben, und bis zur Hälfte der älteren Erwachsenen in Pflegeeinrichtungen sind unterernährt. Was steckt hinter dem Phänomen?

Das Hungergefühl kennt jeder: Der Magen knurrt, fühlt sich leer an, Konzentration und Leistungsfähigkeit nehmen ab. Auslöser ist das Absinken des Blutzuckerspiegels. Es handelt sich rein biologisch um ein Kaloriendefizit. Vereinfacht gesagt: Der Körper verbraucht mehr Kalorien, als ihm zugeführt werden können.

Das Hungergefühl ist Teil der Triebsteuerung und entsteht im Gehirn, genauer im Hypothalamus. Dort werden der Insulinspiegel und die vorhandenen Fettreserven registriert und das Defizit wird gemeldet. In der akuten Hungerphase wird in den Nebennieren das Stresshormon Adrenalin ausgeschüttet, um den Körper in die Lage zu versetzen, Kräfte für die Nahrungssuche zu mobilisieren.

Die Abgrenzung zum Appetitgefühl ist nicht ganz eindeutig. Allerdings wird Appetit eher als positives Gefühl erlebt. Dauernder Hunger aber führt zu Unterernährung – mit fatalen Folgen.

Unterernährung schreitet in Stadien voran. Zunächst baut der Körper die eigenen Fettreserven ab. Danach wird das Gewebe der Muskeln und inneren Organe angegriffen, was schwere gesundheitliche Folgen haben kann. Jedes Organ schrumpft während des Hungerns bis auf die Hälfte des ursprünglichen Gewichts, bevor der Tod eintritt. Dies kann bis zu drei Monate andauern, im ersten Monat verliert der Mensch dabei ungefähr ein Viertel seines Körpergewichts. Dauert die Hungerzeit lange an, können Erwachsene bis zur Hälfte ihres Körpergewichts verlieren, Kinder sogar noch mehr. Äußere Anzeichen sind hervorstehende Kochen, die Haut wird dünn, trocken, unelastisch, bleich und kalt.

Im letzten Stadium wird auch das Fett im Gesicht abgebaut, die Wangen wirken hohl, die Augen eingesunken. Beim Verhungernden kommt es zu Leberversagen, Herzschwäche oder Atemnot, häufig mit Todesfolge. Auch das Immunsystem leidet unter der mangelnden Kalorienzufuhr. Die Zahl der weißen Blutkörperchen nimmt ab und macht den Hungernden anfälliger für Infektionskrankheiten wie Malaria oder Cholera.

Besonders in den ersten 1.000 Tagen des Lebens ist Unterernährung fatal. Die Folgen führen zu eingeschränkten Entwicklungsmöglichkeiten, verringerten Lernleistungen in der Schule und geringeren Arbeitsleistungen im Erwachsenenalter.

Auch in der westlichen Welt ist Unterernährung zu beobachten, und zwar bei alten Menschen. Das hat verschiedene Gründe. Zum einen nimmt im Alter die Muskelmasse ab, außerdem verringern sich der Geruchs- und Geschmackssinn, was die Freude am Essen trübt. Senioren haben darüber hinaus weniger Appetit und ein rascheres Sättigungsgefühl. Und auch bestimmte Krankheiten können das Risiko für Unterernährung verstärken, dazu zählen zum Beispiel Depressionen oder Demenz, auch Zahnprobleme oder Krebs führen häufig zur mangelhaften Nährstoffaufnahme.

Darüber hinaus können bestimmte Medikamente (etwa gegen Bluthochdruck, Herzinsuffizienz und Depressionen) zur Unterernährung beitragen, weil sie den Bedarf an Nährstoffen erhöhen, der jedoch nicht getilgt wird. Manche Medikamente führen zu Durchfall oder haben Nebenwirkungen wie Übelkeit oder Verstopfung.

Besonders betroffen sind offenbar Bewohner von Pflegeheimen und Personen in Kliniken. Die Bewohner von Pflegeeinrichtungen sind häufig verwirrt und nicht in der Lage zu melden, wann sie hungrig sind. Manchmal fehlt dem Pflegepersonal ausreichend Zeit, die Senioren zu füttern, oder die Menschen sind nicht mehr in der Lage, selbst zu essen.

Empfohlen wird bei Senioren, auf besonders aromatische Speisen zu setzen und sie sich auch ihre Lieblingsspeisen auswählen zu lassen. Auch appetitanregende Medikamente können helfen. Und wenn die Person selbst nicht mehr einkaufen kann, sollten unbedingt auch Essenslieferungen in Betracht gezogen werden. Der Hausarzt kann hier ein Ansprechpartner sein.

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