Sinkende Zinsen und Baukosten drücken seit Jahren auf die Aktienkurse von Wohnungsunternehmen wie Vonovia. Doch nun zeichnet sich eine Erholung ab – mit Chancen und Risiken.
Die Schlagzeilen über Immobilien-Aktien klingen vielversprechend. Von „Schnäppchenpreisen“ ist die Rede, von einem „Comeback“ und neuen „Hoffnungsschimmern“. Eine ganze Branche schwankt zwischen hohen Kosten und einem enormen Bedarf. Doch wie gut steht es wirklich um börsennotierte Wohnungsunternehmen wie Vonovia?
Seit diesem Jahr geht es bergauf. Immobilien-Aktien wie Vonovia schlagen zwar nicht den Gesamtmarkt, aber sie laufen wieder. Und das hat Gründe: Die Mieten in Deutschland steigen und steigen. Allein in Berlin hat sich der Quadratmeterpreis von 8,10 Euro (2014) auf 16,35 Euro (2023) mehr als verdoppelt. Viel teurer ist es in München mit gut 20 Euro pro Quadratmeter. Sprich: Vor allem in den Metropolen und Ballungszentren steigen die Mietpreise. Ein Desaster für Wohnungssuchende. Ein Gewinn für Anbieter von Wohnimmobilien wie Vonovia. Ihre Renditen ziehen ebenfalls an.
Jahrelang hatten steigende Zinsen und Baukosten zu einer Talfahrt geführt. Dazu musste der Wert der Gebäude, die in Vonovia-Besitz sind, neu bewertet werden – und zwar massiv nach unten. 2023 machte Vonovia mit der Berichtigung der Immobilienwerte fast sieben Milliarden Euro Verlust. Inzwischen erklärte der Konzern die Krise für beendet und meldete nur noch knapp 600 Millionen Euro Verlust. Bis 2028 will Vonovia operativ 30 Prozent mehr verdienen als derzeit. Dazu muss aber vor allem wieder mehr gebaut werden. Und das tut not.
Wo wenig Angebot bei hoher Nachfrage ist, sind Preissteigerungen eine leidige, aber normale Entwicklung aus Mietersicht. Vonovia und Co. spielen solche Entwicklungen in die Hände. Denn die Nachfrage nach Wohnraum ist groß. Inzwischen fehlen laut Branchenangaben 800.000 Wohnungen in Deutschland. 400.000 neue wollte die Bundesregierung pro Jahr schaffen. Das Ziel wurde klar verfehlt. Vonovia will nun nach zwei Jahren Pause wieder bauen: 3.000 neue Wohnungen bis Ende nächsten Jahres.
Schaut man auf die nackten Zahlen, zeigt sich ein nüchterneres Bild in der Baubranche: Die Bauaufträge in Deutschland sind im September so stark eingebrochen wie seit zweieinhalb Jahren nicht. Und man muss nicht lange nach den Gründen suchen: politische Unsicherheit, hohe Zinsen, hohe Kosten, verunsicherte Verbraucher. Und Preise auf dem Immobilienmarkt, die auch im Umfeld latent sinkender Zinsen nicht zu bezahlen sind – zumindest in sehr vielen Regionen Deutschlands. Zuletzt sind die Preise für Wohnungen und Häuser sogar schon wieder leicht gestiegen.
Der Immobilienpreis-Index Greix des IfW (Institut für Weltwirtschaft in Kiel) bestätigt die Tendenz im Vergleich zum Vorquartal. Vonovia selbst warnte kürzlich vor Insolvenzen in der Branche, ist für sich selbst aber sehr optimistisch: Die Krise sei für Vonovia vorbei, hieß es bei der Präsentation der Quartalszahlen.
Ein Lichtblick für die Aktionäre von Vonovia? Durchaus. Aktuell geben 24 Analysten ein Kursziel von 36 Euro im Mittel aus. Das wäre ein Plus von 15 Prozent zum aktuellen Kurs. In diesem Jahr hat die Aktie immerhin schon 11 Prozent gewonnen. Das ist nicht so viel wie der Dax – aber gemessen an der Vergangenheit ein Trost: Wer im Sommer 2021 die Aktie bei rund 60 Euro gekauft hatte, konnte quasi zusehen, wie das Investment dahinschmolz: Vonovia-Aktien fielen zwischendurch um rund 70 Prozent. Aktuell stehen gut 30 Euro auf dem Kurszettel.
Doch eine weitere Erholung ist nicht zwingend ausgemacht: Dazu müssen die Zinsen weiter sinken, Vonovia muss seine Bautätigkeit wieder aufnehmen und trotz hoher Kosten für Material und Personal sparsamer bauen als in der Vergangenheit. Das ist der Plan. Einen Teil dazu beitragen könnte die Europäische Zentralbank (EZB) am 12. Dezember: Wenn sie erneut die Zinsen senkt. Die Erwartung – nicht nur am Immobilienmarkt – ist, dass die Zinsen um einen weiteren Viertelprozentpunkt fallen. Aber dann könnte erst einmal Schluss sein mit den Senkungen.