Sorgen bereitet ihm auch der Preisverfall bei Elektroautos, angeheizt vor allem durch Tesla. Tesla hatte in der Vergangenheit mehrfach die Preise für seine Modelle kurzfristig gesenkt. BYD zog nach und senkte die Preise für seine Modelle in Europa um bis zu 15 Prozent.
„Wenn wir nichts machen, wird es immer schwieriger, unsere Erfolge darzustellen“, so Schäfer weiter. VW müsse schneller werden, kürzere Produktionszyklen haben und Fahrzeuge günstiger auf den Markt bringen.
Immerhin konnte VW im Jahr 2023 insgesamt rund 9,2 Millionen Fahrzeuge ausliefern. Damit stieg die Zahl der Auslieferungen im Vergleich zu 2022 um etwa 12 Prozent und der kontinuierliche Abwärtstrend seit 2019 konnte gestoppt werden. Der Anteil beim Verkauf von E-Autos liegt allerdings nur bei 8,3 Prozent.
Um den Absatz anzukurbeln, gewährt Volkswagens Kernmarke zurzeit mehr als 7.000 Euro Rabatt auf das Mittelklasse-SUV ID.4. Autoexperte Dudenhöffer prognostiziert weitere Preissenkungen, denn den meisten Kunden seien die Stromer noch immer zu teuer.
Die Autoindustrie ist eine der wichtigsten Arbeitgeber in Deutschland. Hierzulande sind laut Angaben des Branchenverbandes VDA rund 780.000 Menschen in der Autoproduktion beschäftigt – 675.000 allein bei VW. Deutschlands Automobilindustrie trägt rund 4,5 Prozent zum Bruttoinlandsprodukt (BIP) bei und erbringt jährliche Steuereinnahmen von rund 100 Milliarden Euro.
Laut Ifo-Institut hat sich das Geschäftsklima in der deutschen Automobilindustrie jedoch im Mai deutlich verschlechtert und fiel von minus 2,4 auf minus 8,6 Punkte. Auch der Blick aufs zweite Halbjahr bleibt bei den befragten Unternehmen pessimistisch. Der Druck auf den Volkswagen-Konzern, Kosten einzusparen, wächst.
Um international konkurrenzfähig zu bleiben, will VW mit dem Ende 2023 vorgestellten „Performance Programm“ bis 2026 durch Einsparungen bei Material, Entwicklungs- und Fertigungskosten, aber auch beim Personal die Kosten um zehn Milliarden Euro senken. Dabei sollen Mitarbeitern gezielt Abfindungen angeboten und die Altersteilzeit ausgeweitet werden. Wie viele Stellen am Ende wegfallen, ließ VW offen.
Schwelender Handelskonflikt mit China
Die Schwierigkeiten für VW kommen derzeit von allen Seiten. In den USA hat Präsident Joe Biden kürzlich die Einfuhrzölle für chinesische Halbleiterprodukte von 25 auf 50 Prozent und für Batterien für Elektroautos von 7,5 auf 25 Prozent erhöht.
Derzeit prüft die EU-Kommission, ob auch in Europa höhere Einfuhrzölle erhoben werden sollen. Die Kommission droht mit Zöllen von bis zu 38,1 Prozent auf E-Autos. Ob diese tatsächlich gezahlt werden müssen, hängt davon ab, ob mit China eine andere Lösung gefunden werden kann.
Strafzölle für chinesische Autos stoßen bei den europäischen Automobilherstellern auf heftige Kritik. Die Präsidentin des Verbands der Automobilindustrie (VDA) Hildegard Müller sieht die Abgaben als Hindernis für die globale Zusammenarbeit. So wachse das Risiko von globalen Handelskonflikten, betonte sie.
Zölle würden stets zu Vergeltungsmaßnahmen führen und vor allem deutschen Verbrauchern schaden. Einen Handelskonflikt bei Elektroautos zwischen China und Europa sowie den USA könnte auch die deutschen Autobauer empfindlich treffen, sagte der Leiter des Ifo-Zentrums für Industrieökonomie und neue Technologien, Oliver Falck.
Volkswagen, Mercedes-Benz und BMW sind stark auf die Einnahmen aus dem Chinageschäft angewiesen. Fast die Hälfte aller von VW gebauten Fahrzeuge werden in China ausgeliefert. Im Jahr 2023 waren es 3,24 Millionen Autos – wobei VW den chinesischen Markt fast ausschließlich aus lokaler Fertigung bedient.
Zudem könnten VW und andere Firmen das erste Ziel möglicher chinesischer Gegenmaßnahmen sein. Der von VW produzierte Elektro-SUV Cupra Tavascan, der im Herbst auf den Markt kommen soll, wird in China gebaut und nach Europa exportiert – und würde damit unter die Strafzollmaßnahmen der EU fallen.
Für den Autoexperten Dudenhöffer sind Strafzölle gegen umweltfreundliche Produkte ein großer Fehler, mit dem das Klima vergiftet und der wichtige industrielle Austausch mit China behindert würden. Für unfaire Wettbewerbsvorteile bei den chinesischen Autoherstellern durch staatliche Subventionen gebe es seiner Ansicht nach keine Belege.
Sollte es zu keiner Einigung zwischen der EU und China kommen, dann würden die Zölle rückwirkend vom 4. Juli an einbehalten werden.
Für VW-Chef Oliver Blume ist die Elektromobilität die Zukunft der Automobilindustrie. „Der Schwerpunkt unserer Investitionen ist darauf ausgerichtet“, sagte Blume und forderte gleichzeitig von der Bundesregierung mehr Unterstützung für den Elektro-Kurs. „Wichtig ist, dass der Hochlauf der E-Mobilität von allen Seiten unterstützt wird. Auch seitens der Politik bedarf es einer klaren Haltung: ein eindeutiges Bekenntnis zur E-Mobilität.“
Übrigens: Um die Erderwärmung gemäß den Pariser Klimazielen auf unter zwei Grad zu begrenzen, müsste der Verkaufsanteil emissionsfreier Autos und Vans laut Schätzungen des International Council in Clean Transportation (ICCT) bis 2030 bei 77 Prozent liegen und 2035 nahezu bei 100 Prozent. Das Ziel zu erreichen, könnte sich lohnen – sowohl für die künftigen Gewinne des Automobilherstellers VW als auch für die Zukunft der Menschheit.