Im Bundestag steht eine brisante Entscheidung an: Soll das Verfassungsgericht ein Verbot der AfD prüfen? Die Bedenken sind groß. Zu Recht.

Man möchte gerade nicht in der Haut der Abgeordneten im Bundestag stecken. Sie müssen in den nächsten Wochen über eine der demokratietheoretisch schwierigsten Fragen entscheiden: Soll das Verfassungsgericht ein Verbot der AfD prüfen? Soll der Bundestag also den Startschuss für ein Verfahren erteilen, das eine der größten Oppositionsparteien Deutschlands ausradieren könnte?

Mehr als fünf Prozent der Abgeordneten im Bundestag denken, dass das notwendig, ja, überfällig ist. Sie wollen nun den Rest des Parlaments mit einem Gruppenantrag herausfordern, der mit einfacher Mehrheit angenommen werden müsste. Doch in allen Fraktionen gibt es Pro- und Kontra-Stimmen, gibt es Überzeugte, Zweifler und deutliche Kritiker.

Diese Zerrissenheit hat viel damit zu tun, dass man mit einem solchen Verfahren juristisch wie politisch Neuland betreten würde. Zwar hat es in der Vergangenheit Parteiverbotsverfahren in Deutschland gegeben. Allerdings nur vier an der Zahl, die gegen wesentlich kleinere Parteien geführt wurden – und zwei davon verliefen nicht erfolgreich. Der Eingriff in die Demokratie ist gewaltig, die Hürden sind entsprechend hoch, die Gefahr zu scheitern ist real. Deshalb sollten die Bedenken sehr ernst genommen werden.

Wenn die Fraktionen sich in den nächsten Tagen beraten, werden zwei Fragen dominieren, die einander beeinflussen: Wie groß sind die Erfolgschancen eines Verbotsverfahrens gegen die AfD? Und: Ist es politisch klug, es zu versuchen?

Die Argumente für ein Verbotsverfahren gegen die AfD sind zahlreich. Schon lange sind Rechtsextremisten nicht mehr nur ein Teil der Partei, sondern geben dort den Ton an. Aus einem braunen Fleck auf dem Revers ist in zehn Jahren ein brauner Frack geworden. Sie lügen hemmungslos, sie verharmlosen die Nazizeit, sie kopieren die Methoden der NSDAP. Sie attackieren und verunglimpfen Flüchtlinge, Muslime, Ausländer, Bürgergeld-Empfänger und Deutsche mit Migrationshintergrund. Sie drohen Teilen von ihnen mit der Ausweisung aus Deutschland – und „scherzen“, dass ihre Kritiker gleich welcher Herkunft gerne folgen können. Sie verachten ganz offen die demokratischen Institutionen und verstoßen gegen die wichtigsten Werte, die unsere Verfassung garantiert – darunter das Demokratieprinzip, die Menschenwürde und die Gleichheit aller Bürger.

Besonders in den vergangenen Monaten hat die AfD viel dafür getan, die Liste pro Verbot zu verlängern. Freie Hand hat die Bundesspitze ihren radikalsten Verbänden gelassen, damit sie in Ostdeutschland mit Menschenfeindlichkeit Stimmen fangen konnten. Und in Thüringen hat die AfD mit dem Agieren ihres Alterspräsidenten in der konstituierenden Sitzung des Landtags gerade gezeigt, dass sie gewillt ist, jede noch so kleine ihr geschenkte Gelegenheit zu nutzen, um ihre Ansichten auch gegen die Mehrheit in den Parlamenten durchzudrücken – und die Gerichte zu verhöhnen, wenn die sie in die Schranken weisen.

Wer glaubt, dass das nur im Osten so funktioniert und die AfD im Bundestagswahlkampf 2025 schon andere Töne anschlagen wird, um im gemäßigteren Westen zu punkten, der irrt. Von den Funktionären aus dem Westen wie an der Bundesspitze hört man nur lobende Töne: Der Erfolg gibt den Kollegen recht, genauso wollen auch wir es im kommenden Wahlkampf halten. Etwas weniger aggressiv auftreten sollen unsere Aushängeschilder vielleicht, ein wenig leiser sprechen zum Beispiel – aber die Inhalte aus dem Osten werden wir, so wie sie sind, kopieren und weiterentwickeln.

Die Turboradikalisierung der AfD also ist noch nicht an ihrem Endpunkt angelangt. Die Partei schaltet gerade in den letzten Gang. Schon jetzt steht damit fest: Deutschland steht 2025 ein Sturm bevor. Und der taugt, das Grundgefüge der Bundesrepublik zu zermürben.

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