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Wolodymyr Selenskyj besucht Friedrich Merz in Berlin. Es gibt viele gute Worte. Doch wie zufrieden der ukrainische Präsident wirklich nach Hause geht, bleibt ungewiss.

Manchmal, wenn alles ernst und aussichtslos erscheint, hilft ein bisschen Humor. Zumindest für den Augenblick. Es ist kurz nach halb zwei im Kanzleramt. Friedrich Merz und Wolodymyr Selenskyj sind vor die Presse getreten. Als der ukrainische Präsident zu reden beginnt, fasst sich der Kanzler an seinen Knopf im Ohr. Die Übersetzung funktioniert nicht. Merz packt Selenskyj am Arm, stoppt seine Rede und sagt: „German technology“ – die berühmte deutsche Technik. Und dann lachen beide.

Es ist die Ausnahme an diesem Tag. Die Lage in der Ukraine ist bitterernst. Nur wenige Tage nach seinem Amtsantritt war Merz in Kiew, jetzt ist Selenskyj in Berlin, zum ersten Mal beim neuen Kanzler. Nur knapp drei Wochen liegen zwischen beiden Terminen, doch die Stimmung ist eine andere, deutlich mieser. Die zwischenzeitlichen Hoffnungen auf einen schnellen Waffenstillstand sind zerschlagen. Zerschlagen von Donald Trump und seinem Telefonat mit Moskau.

US-Präsident Trump will mit der Ukraine am liebsten gar nichts mehr zu tun haben, davon sind viele in Berlin überzeugt. Kremlchef Putin aber hat sein Interesse nicht verloren, im Gegenteil, er greift so stark an wie selten zuvor. Die Frage, die über Selenskyjs Berlin-Besuch steht, lautet deshalb: Wie ernst meint es Europa, wie ernst meint es Friedrich Merz mit seiner Unterstützung für die Ukraine? Die Antwort lautet: schwer zu sagen.

Es ist nicht so, dass es an deutlichen Worten und Symbolen fehlen würde. Die sendet Friedrich Merz nun schon seit Wochen. In Litauen vergangene Woche etwa, an der Nato-Ostflanke, wo bald 5.000 deutsche Soldaten stationiert sein sollen, sagte er, von Russland gehe eine Bedrohung „für uns alle“ aus. „Der Schutz von Vilnius ist der Schutz von Berlin.“ Es ist ein riesengroßes Versprechen.

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Friedrich Merz empfängt Wolodymyr Selenskyj mit militärischen Ehren. (Quelle: ASSOCIATED PRESS/dpa-bilder)

Im finnischen Turku dann, Anfang der Woche, war wieder viel von Zusammenstehen und Geschlossenheit die Rede. Merz gestand ein, man habe sich wohl „auf eine längere Dauer“ des Krieges einzustellen. Was in der Konsequenz bedeute, „dass wir unsere Anstrengungen eher noch verstärken müssen, damit die Ukraine sich verteidigen kann“.

Auch jetzt, an diesem Mittwoch im Kanzleramt, ist das die Tonlage. „Unter großen Opfern“, sagt Merz, verteidigten die Ukrainer „eben auch die Sicherheit Europas gegen den militanten Revisionismus Russlands“. Sie verteidigten „ihr Leben, ihr Land und unsere gemeinsame Freiheit“. Deutschland helfe, „so lange, wie es notwendig ist“.

Das klingt gut. Wie aber diese Hilfe genau aussieht, darüber will die Bundesregierung am liebsten gar nicht mehr sprechen. Schon vor gut zwei Wochen hat Merz seinen Regierungssprecher Stefan Kornelius verkünden lassen, dass Schwarz-Rot nicht mehr über Details von Waffenlieferungen spreche.

Als Oppositionschef hatte Merz den damaligen Kanzler Olaf Scholz für zögerliche Informationspolitik scharf kritisiert, jetzt macht Merz sie zum Prinzip: Putin soll Informationen über Waffenlieferungen nicht einfach aus der Presse erfahren können. Strategische Ambiguität ist das Stichwort, das die Regierung Merz nun gerne verwendet.

Bundeskanzler Friedrich Merz zur Ukraine-Hilfe: „Wir werden sie fortsetzen, und wir werden sie ausbauen.“ (Quelle: Katharina Kausche/dpa/dpa-bilder)

Während Putin wohl im Zweifel seinen Geheimdienst für solche Informationen hat, macht das der Öffentlichkeit nun schwer, zu beurteilen, wie viel Deutschland wirklich tut. Denn auch an diesem Mittwoch bleibt Merz weitgehend dabei.

Nachdem er erst mal angekündigt hat, dass es Ende des Jahres deutsch-ukrainische Regierungskonsultationen geben solle, die wirtschaftliche Zusammenarbeit ausgebaut und auch die diplomatischen Bemühungen um einen Frieden fortgesetzt werden sollen, kommt Merz irgendwann zu den Waffenlieferungen. „Wir werden sie fortsetzen, und wir werden sie ausbauen“, sagt Merz. So viel könne er sagen. Was objektiv gar nicht so viel ist, nicht mal eine Zahl in Euro und Cent nennt er.

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